Warum? Ich war ein Kind!

Ich war ein Kind! Warum war ich nie gut genug?

Ich war ein Kind

Ich durfte draußen spielen, mir die Hose zerreißen, die Knie aufschlagen, im Wald die Diebe jagen…

Ich fuhr Schlitten über Berg und Tal, bis das Holz zerbrach.

Ich fuhr Ski den Hang hinunter und klopfte den Schnee ab, bis der Ski zerbrach.

Ich spülte jeden Tag das Geschirr. Ich warf eine Tasse herunter.

Ich ging einkaufen, jede Woche und verlor mal die Packung Eier.

Ich putzte die Wohnung und warf mal eine Vase um.

Ich hatte ein Loch im Kopf und lief so heim.

Ich passte auf die Geschwister und Kinder der Nachbarn auf.

Ich ging zur Schule uns schwänzte den Handarbeitsunterricht.

Ich fälschte die Unterschrift meiner Mutter.

Ich konnte nie etwas richtig machen.

Ich hörte nie ein Danke, hast du gut gemacht.

Warum passiert immer dir sowas?

 

Zum Loch im Kopf kam die Hähme vom Vater dazu.

Verlorene Eier sorgten für Geschrei und entwertende Sprüche.

Kam ich zu spät nach Hause, folgte Geschrei und Stubenarrest.

Du hast hier gar nichts zu sagen, mach was ich dir sage.

Hast du auch schon was zu sagen?

Du solltes auf deine Geschwister aufpassen, du bist schuld.

Kannst du denn nichts richtig machen?

Kann bei dir nicht einmal alles gut sein?

Mein Gott, du schon wieder.

Immer dir passiert das, kannst du dich nicht mal anstrengen?

Dachtest du wirklich, du kommst damit durch?

Dachtest du wirklich, wir würden es nicht erfahren?

Du machst das so und nicht anders.

Hämische und wütende Blicke auf mich, kannte ich gut.

Die Hand meines Vaters, klatsche oft in mein Gesicht.

Mutters Kopfschütteln dazu, war fast noch schlimmer.

Ich war ein Kind.

 

Ich war auf der Suche nach Liebe und fand sie nicht.

Ich wollte in den Arm genommen werden und warte bis heute.

Ich war ein Kind, das nun mal geboren war.

Ich brauchte Wertschätzung und fand sie nicht.

Ich brauchte Anerkennung und bekam sie nicht.

Ich machte Fehler und erntete Ohrfeigen und dumme Sprüche.

Ich hatte gehorsam zu sein und war es lange Zeit.

Ich hatte Erwartungen zu erfüllen und konnte es nicht.

Ich war die älteste und hatte zu funktionieren.

Ich konnte nichts richtig machen.

Ich war nie gut genug.

Ich sehnte mich, in meinen Träumen, in eine liebe Familie.

 

Ich war ein Kind.