Ich bin anders. Traumaklinik und meine Angst

Ich bin anders

Ich bin hier und doch nicht hier.

Ich fühle mich leer und antriebslos, bin schlapp und müde.

Ich quäle mich am Morgen.

Ich sehne mich nach meiner Morgentasse Kaffee, in aller Ruhe.

Ich sehen mich nach Stille und langsamen Tageseinstieg.

Und doch stehe ich auf, wenn der Wecker klingelt.

Und doch gehe ich ins Bad, mich tagfertig machen.

Ich schau mich nicht im Spiegel an, warum auch.

Ich bin so leer, ich bin so lustlos, ich bin so schlapp, ich bin so....

Ich bin anders.

 

Mein Kopf und mein Körper streiken noch und doch muss ich los.

Jeder Gedanke, jeder Schritt ist zu viel.

Ich sitze auf dem Hof mit meinem Kaffee, nicht allein, aber ganz weit weg.

Ich sitze da und versuche mich zu finden.

Frühstück, eine Qual am Morgen.

Ein Raum mit vielen Menschen, Frühstück holen …

Guten Morgen, guten Morgen, guten Appetit, ich wünsche einen schönen Tag....

Oh ja und am liebsten würde ich mich verkriechen.

Ich setze mein Lächeln auf und bring es hinter mich.

Ich möchte nicht unhöflich sein und nicht auffallen.

Ich bin nicht ich, ich funktioniere.

Ich sehne mich nach Ruhe, nach Einsamkeit am Morgen.

Ich bin anders.

 

Ich sehe die Menschen.

Sie sitzen beisammen, grüßen freundlich, lächeln,lachen fröhlich.

Sie unterhalten sich frisch und frei. So scheint es mir.

Sie haben Gefühle, sie freuen sich, sie lachen und sie weinen.

Sie nehmen mich auf, begrüßen mich, erzählen mir, fragen mich.

Sie gehen mit einander spazieren, fahren in die Altstadt....

Ich funktioniere, ich lächle und unterhalte mich.

Es strengt mich an, weil ich es nicht möchte und doch tue.

Ich möchte nicht auffallen, mich nicht ausgrenzen.

Ich wäre so gern einfach nur still.

Ich würde so gern einfach nur so vor mich hin sinnen.

Ich bin anders.

 

Ich laufe hier hin und dort hin.

Achte auf die Zeit, pünktlich sein, anwesend sein.

Überall sind Menschen. Mal weniger, mal mehr.

Überall kann ich reden, zuhören, aufnehmen, teilnehmen …

Es fällt mir so schwer. Ich wär lieber still.

Die Welt ist so laut, so bewegt, so aktiv, so …

Ich komme nicht mit.

Mein Kopf schreit nach Ruhe und Stille.

Kein hier und kein da, kein Menschengewimmel.

Ich bin anders.

 

Und doch bin ich hier, weil ich es will.

Ich möchte das Eine, dass ohne das Andere nicht geht.

Ich möchte loslassen lernen, ich möchte verarbeiten.

Ich möchte mich selbst lieben lernen, mich selbst achten.

Ich weiß, es ist eine Chance Gefühle frei zu lassen.

Ich weiß, es ist eine Chance die Vergangenheit endlich zu begraben.

Ich weiß, es ist eine Chance auch Trauer anzunehmen.

Ich weiß, es ist eine Chance besser zu leben.

… und doch ist mir diese Welt zu laut.