Traumaklinik - Mein Schlussbericht - Mein Fazit.

2016/2017-Traumaklinik- Mein Abschlussbericht

10 Wochen habe ich in der „Klinik am Waldschlößchen“ verbracht. 10 Wochen die mich gefordert und bestärkt und meine Grundsätze zum Therapieaufenthalt bestätigt haben. Ich bin in eine KLINIK zur stationären Traumabehandlung gegangen. Nicht in ein Hotel, nicht in eine Santorium. 

In der Klinik muss ich bestimmte Regeln und Normen einhalten, ich muss diese nicht verstehen oder als sinnvoll erachten. Sie sollen mich nicht einsperren, entmündigen oder behindern. Sie sollen mir und allen anderen Patienten Halt und Sicherheit geben. Sie sollen ein entspanntes Miteinander fördern und möglichst eine guten Therapieaufenthalt absichern. Wenn ich diesen Schritt gehe, sollte ich mir dessen bewusst sein. Das hier ist kein Erholungsheim

Das hier ist schwerste Arbeit, die mich auf allen Ebenen fordert. Es liegt in meiner eigenen Verantwortung was ich daraus mache. Es liegt auch in meiner eigenen Verantwortung mich selbst wahrzunehmen, meine Grenzen zu erkennen und STOP zu sagen. Es liegt in meiner Verantwortung ehrlich zu sagen, was ich denke, wenn ich Antworten brauche. Es liegt in meiner Verantwortung mich den unterschiedlichen Themen und Problemzonen zu öffnen und zu nähern. Nur wenn ich dazu bereit bin, kann der Therapeut seine Arbeit machen, kann ich meinen Blickwinkel öffnen und weiten, kann ich Lösungsansätze finden, kann ich Regulationen üben und langsam vorangehen.

 

Meine Leitsätze, die mir für den Aufenthalt in der Klinik wichtig waren, haben mich unterstützt:

1. Behandle Menschen so, wie du selbst gern behandelt werden möchtest.

2. Zieh dir nur die Jacke an, die die deine ist.

3. Wenn du Antworten suchst, frage die richtigen Personen, am besten deinen Therapeuten.

 

Der Weg in der Klinik war für mich sehr hart, angstvoll und oftmals auch eine Quälerei.

Aber ich habe immer gewusst wofür es tue und würde es wieder tun. Ich wollte vorwärts gehen, mich den Problemen stellen, mich verändern, Neues aufnehmen und üben. Ich wollte einfach nur ein Stück zurück in mein Leben, den Alltag wieder meistern, wieder aktiver sein, meine Gefühle finden, mein Trauma öffnen um es zu verarbeiten und schön verpackt wieder zu verstauen. Endlich besser leben können mit der Depression. Ich habe nicht alles geschafft. Ich habe schafft was mir möglich war.

 

Ich habe so manchen Tag aufgeben wollen. Ich habe so oft an mir gezweifelt. Ich war so müde, so kraftlos, so energielos und doch meisterte ich den Tag, nahm jede Therapie auf meinem Plan in Anspruch. Ich konnte die vielen Menschen so schwer ertragen, doch war es hier unausweichlich.

 

Am schlimmsten war der Morgenbeginn. Das war zu Beginn der Horror. 6.30 Uhr riß der Wecker mich aus dem Bett. Raus, aufstehen, ins Bad gehen, anziehen, Medikamente holen, Kaffee in der Gemeinschaftsküche kochen und dann auf den Hof. Selten war ich allein, wenn ich Glück hatte, waren nur 3 Patienten auch schon da und unterhielten sich miteinander. Oh mein Gott, zum frühen Morgen! Mein Kopf wollte noch nicht denken, meine Beine noch nicht laufen, mein Körper noch nicht agieren. Ich wollte einfach nur Ruhe und Allein sein und das gab es nur selten. Ich saß da und kämpfte mit allem was ich hatte. Ich wollte es schaffen! Ich wollte nicht Abseits sein. Ich wollte es lernen. Meine Maske funktionierte – Lächeln aufsetzen und „Guten Morgen“. Danach war ich immer froh, dass mich niemand ansprach.

 

Mit der Zeit änderte es sich. Das Lächeln funktioniert leichter und das „Guten Morgen“ kam allein aus mir heraus. Dann veränderte ich die Übung, ich begrüßte jeden mit dem Namen. Ich konnte sie mir merken! Es hat mir immer mehr gut getan und so manchen Tag habe ich damit meinen Kopf in den Tag gebracht. Die Hofpausen konnte ich immer mehr annehmen. Leute gingen und kamen, ein paar Worte wechseln und dann ging wieder jeder seinen Weg. Es brauchte keine Auseinandersetzung oder Nähe.

 

Ich saß im Essenraum zum Frühstück, Mittag und Abendbrot, mit vielen Patienten zusammen. Besteck fällt runter, Teller klirren, ein stetes Gesprächsmurmeln mal lauter mal leiser im Raum, anstehnen zu Essen holen und am Tisch noch 3 andere Patienten. Ich bin immer da gewesen, nie weg gelaufen. Ich habe es ertragen, habe es ausgehalten und dafür viel Kraft verbraucht. Doch mit jeder Woche wurde es besser, wenn es auch dabei blieb, dass ich ungern dort war.

 

Zu Beginn habe ich mich in verbalen und nonverbalen Therapiegruppen versucht. Leider waren für mich die Themen und die Gruppe in den verbalen Therapien nicht machbar. Mich triggerten sofort die Themen, ich hatte Dissoziationen und die Gruppe machte mir Angst. Ich hatte Angst vor jedem Wort, vor jeder „Auseinandersetzung“ und dazu noch das Problem meine Hände und Beine still zu halten. Auch die Fülle der Therapien trug dazu bei, dass ich meine Grenzen überschritt. Nach einigen Versuchen, fiel die Entscheidung, mich aus den verbalen Therapien herauszunehmen bzw. einige nicht erst zu beginnen. Auch wenn ich alles wollte, ich schaffte es nicht. Ich war nicht stabil genug. Ich war völlig überfordert. Das musste ich annehmen.

Ich bekam nonverbale Einzeltherapien dazu. Für mich eine gute Entscheidung.

 

Meine Psychotherapie war von Beginn an sehr gut. Therapeutin und Patientin hatten einen guten Draht. Von Beginn an, war ein ehrliches und offenes Miteinander. Ich hatte die Sicherheit und das Vertrauen an der richtigen Stelle zu sein. Ich konnte mich öffnen und auch mein Trauma beschreiben. Ich habe es erzählt! Ich konnte Aussagen hinterfragen, konnte meine Eindrücke und Zweifel äußern, auch mal unangenehme Fragen stellen. Ich bekam immer Antworten. Für mich war es ein gutes hin und her der Gedanken, die meine Erkenntnisse, mein Bewußtsein, meinen Blickwinkel bestärkten, veränderten und achtsamer werden ließen. Sie gaben Entlastung, sortierte Gedanken und am Ende sogar innere Zufriedenheit.

 

Die Ergotherapie war zu Beginn sehr belastend. Gemeinsam in der Gruppe kreativ sein. Das heißt, die Gruppe und ihre positiven wie negativen Schwingungen aushalten, ein durcheinander von Geräuschen ertragen und wieder in die Kreativität finden. Ich hatte Stunden, die ich kaum aushalten konnte, auf Grund der Gruppenschwingungen und einige fröhliche und entspannende Stunden. Ich habe aus Pappmachee die Schnecke Karlotta Kunterbunt und die Möwe Emma Regenbogen, mit Freude gestaltet.

 

Die Dramatherapie – Gruppe/Einzel hat mir sehr gut getan. Bühnenbilder zu gestalten, um zu Erkenntnissen, Einsichten und Aussichten zu kommen, ist eine wunderbare Form der Therapie. Sie hilft Wege zu finden, sich selbst kennenzulernen und zu finden. Sie hat mir sehr viel gegeben. Sie hat mir auch gezeigt, dass ich, obwohl ich wenig in der Gruppe bin, doch sehr gut und positiv wahrgenommen werde.

Sie hat mir in der Einzeltherapie einen wunderbaren riesengroßen Glücksmoment gegeben: Ich bin ein gefühlvoller Mensch, der sein wertvolles Buch der Gefühle verlegt hat. Da war es, das leise Gefühl der Freude. Ein anderes Mal konnte ich mir sehr deutlich bewusst machen, dass ich selbst ein wertvoller Mensch bin, dass meine negativen Erlebnisse nicht den guten Menschen in mir zerstört haben.

Frau Rothe konnte mich und die Gruppe immer verzaubern, uns immer ganz nah erreichen.

Ich würde eine Dramatherapie jedem empfehlen.

 

Die Kunsttherapie – Einzel - Frau ...  hat es geschafft mir wirkliche Seelenstunden zu geben. Sie hat mich angenommen, mich angeschaut und mich gefragt wie es mir gerade geht. Egal wie es mir ging, sie hat es immer geschafft mich zu aktivieren und mir Glücksmomente zu geben. Ich liebe das Meer und in ihren Stunden rauschte das Meer im Hintergrund. Seelenbalsam. Ich war immer über mich selbst erstaunt, was ich so auf das Papier bringen konnte. Jeder kann malen, jeder kann seine Gefühle auf Papier bringen. Sie selbst ist mit einer Begeisterung und Freude dabei, die einfach nur ansteckt.

 

Sporttherapie und Qigong - Sport ist nicht meine Lieblingsbeschäftigung. Ich bin im Fitnessraum nie Freundin der vielen Geräte geworden. Das Fahrrad und das Laufband haben mich dafür regelmäßig gesehen.

Qigong hätte ich schon eher entdecken sollen. Es ist eine ruhige, aber anstrengende Form des Sports. Sie hat mich körperlich gefordert und mental beruhigt.

 

Die Körpertherapie ist wieder eine andere Form, sich mit sich selbst und anderen auseinanderzusetzen. Hier hatte ich meine Grenzen. Ich habe es immer geschafft im Raum zu bleiben, aber nicht immer aktiv. Einzelne Übungen habe ich gut gemeistert, auch wenn es Partnerübungen waren. Aber sobald schnelle Reaktionen, schnelle Handlungen verbunden mit unterschiedlichen Anforderungen oder gemeinsames aktives Spiel miteinander gefragt waren, war ich draußen. Zum einen war ich mit den schnellen Reaktionen überfordert, konnte die unterschiedlichen Anforderungen nicht zusammen bekommen und andererseits war ich mit dem aktiven Spiel – Miteinander, dem spielerischen miteinander ringen, völlig überfordert.

Ich lernte die Aktivität (Lautstärke, das Spielen, Lachen) der Gruppe auszuhalten, bei Kraftübungen die Sicherheit zu spüren das niemand verliert, niemand aggressiv wird und auf mich geachtet wird. Die Körpertherapie löste Spannungen, brachte Freude oder zeigte der Gruppe ihre Gemeinsamkeiten. Ich war mehrfach überrascht, wie Frau Klose die richtigen Themen für die Gruppe gefunden und eingesetzt hat. Das hat mich sehr beeindruckt.

 

Die Gruppenfreizeiten waren leider kein Angebot, das mich gefördert hat. Die Gruppe hat dafür zu wenig funktioniert. Die Gruppenschwingungen waren für mich körperlich zu spüren. Wie soll ich mit Menschen meine Freizeit verbringen, die nicht miteinander wollen bzw. können. Eine Gruppenfreizeit war sehr ruhig, aber für mich trotzdem anstrengend. Wir schauten gemeinsam einen sehr guten Film, über Gefühle. Das nächste Mal war ein Spielabend geplant, der dann so viele Leute überforderte, das am Ende nicht mehr sehr viele da waren. Ich konnte es nicht aushalten, schon die Vorstellung der unterschiedlichen (lauten) Spiele, die Lautstärke der Absprachen und das Gewusel ließen meinen Stresspegel bis unter die Schädeldecke ausschlagen. Dann wieder werden die Gruppenfreizeiten so lange ignoriert, bis der Tag da ist. Jeder kommt wann er will und dann schauen wir uns alle an, die Frage im Raum, was wir denn nun machen. Keiner hat richtig Lust, der eine möchte das, der andere nicht. Kindergarten. Diese Gruppe hätte für die Freizeitgestaltung einen Therapeuten benötigt. Es war für mich unerträglich. Ich wollte nicht in diesen Kindergarten.

 

Pflege/Rezeption

Mein Aufenthalt wurde unterstützt vom Personal in der Pflegestation wie auch an der Rezeption.

Meine Fragen, Bitten und Hilfesuchen wurden immer sehr gut erfüllt. Immer freundlich, immer auf dem Punkt und immer mit dem notwendigen Verständnis bzw. auch mal einem Fingerzeig.

 

Küche / Reinigungsservice

Für einen guten Therapieaufenthalt sorgen natürlich auch Küche und Reinigung.

Das Küchenpersonal war immer freundlich und aufmerksam. Das Essen zu meiner vollsten Zufriedenheit. In 10 Wochen keine Wiederholung, das macht so schnell keine andere Klinik nach. Manchmal hätte ich gern, im Essenplan, eine Erklärung für das exotische Gericht gehabt. Lach. Das Mittagessen war stets lecker und ab und zu mal etwas unbekanntes essen, war eine gute Erfahrung. Frühstück und Abendbrot hat keine Wünsche offen gelassen. Ich würde gern den Fruchtquark mit Sonnenblumenkernen, Kürbiskernen und Obstsalat jeden Tag geliefert bekommen. Toll waren auch die vielfältigen Salate.

 

Der Reinigungsservice war stets freundlich und rücksichtsvoll. Meine Handtuch- und Wäschewechsel waren stets pünktlich. Die Reinigung des Zimmers war ebenfalls sehr gut. So konnte ich mich immer wohl fühlen.

 

Ich habe es geschafft!

Ich habe den Schritt in die Klinik gewagt.

Ich habe 10 Wochen gekämpft, nicht aufgeben und durchgehalten.

Ich habe 10 Wochen die vorgegebene Tagesstruktur vollständig eingehalten.

Ich bin jeden Morgen aufgestanden, habe mich gewaschen, mich ordentlich gekleidet.

Ich bin zu jeder Therapie pünktlich erschienen.

Ich bin immer im Essenraum gewesen, nie weggelaufen.

Ich habe alle nonverbalen Therapieangebote für mich annehmen und nutzen können.

Ich habe gelernt in nonverbalen Therapien die Gruppe auszuhalten.

Ich es geschafft, in der Therapie offen zu sein, nachzufragen und habe mich nicht verbogen.

Ich habe gutes Handwerkszeug (Skills) erhalten, um Angstzustände, Dissoziationen o.ä. zu regulieren bzw. zu verhindern.

Ich habe gelernt und kann es wieder aushalten Menschen in die Augen zu schauen.

Ich kann wieder mit Menschen zusammen sein.

Ich kann mich wieder mit Menschen unterhalten.

Ich habe gelernt einem Menschen zu vertrauen, Freundschaft zu schließen.

Ich kann wieder aus mir selbst lächeln, auch lachen.

Ich habe erfahren, dass ein lächelndes „Guten Morgen Susi...“ dem Menschen gefällt und freut und mich selbst besser in den Tag bringt.

Ich habe es geschafft im Wochenausklang Positives aus der Woche, aber auch Kritik (Pünktlichkeit), in der Gruppe auszusprechen.

Ich lernte die Aktivität (Lautstärke, das Spielen, Lachen) der Gruppe auszuhalten,

Ich habe wieder ein leichtes Gefühl (außer meiner ständigen Angst) – Freude, Ärger, Wut.

Ich habe besser gelernt, mich selbst, achtsam wahrzunehmen und STOP zu sagen.

Ich habe gelernt auch Hilfe (Pflege) anzunehmen.

Ich habe gelernt meine Grenzen zu erkennen, anzunehmen und zu setzen.

Ich wurde mir bewußt, dass meine, für mich normalen, kleinen Dinge (Danke zu sagen für die Zimmerreinigung, für das tolle Weihnachtsessen, Schokokugeln zu Weihnachten...) wertschätzender Umgang mit Menschen ist, der mir und anderen gut tut, das es RICHTIG ist.

Ich wurde mir bewußt, das ich keine leere Schachtel bin, die denken kann – sondern ein gefühlvoller Mensch, der sein wertvolles Buch der Gefühle verlegt hat.

Ich wurde mir bewußt, dass ich ein wertvoller Mensch bin, so wie ich bin. Das ich ein guter Mensch bin!

Ich glaube hoffnungsvoll an die Aussage: Die liebevolle Heike von damals ist noch da. Manchmal traut sie sich heraus.

Ich habe für mich und mein Handeln Verantwortung übernommen.

Ich bin zufrieden, mit dem was ich erreicht habe, zufrieden mit mir selbst.

 

DANKE, an alle Personen in der Klinik, die mich auf meinem Weg begleitet haben.

Ich wäre sehr dankbar, wenn alle hier genannten Angestellten/Angestelltengruppen, meine Wahrnehmungen vermittelt bekommen. Ohne das gute Zusammenspiel aller Bereiche in der Klinik (Ärzte, Therapeuten, Pflegepersonal, Rezeption, Küche und Reinigung) wäre ein zufriedener Aufenthalt hier nicht möglich.

 

Ich möchte sehr gern wieder kommen.