Bist du ein Psycho oder bist du wirklich körperlich krank?

Bin ich ein Psycho oder wirklich körperlich krank?

Ich habe innerhalb einer Woche, wegen einer Akut-Attacke, erfahren wie es ist, wenn ich als psychisch kranker Mensch, mal krank bin. Bin ich nur ein Psycho? Es ist nicht das erste mal, dass ich sowas erfahre.

 

Zwei Wochen lang versuchte ich ein psychisches Aktuttema zu verarbeiten und wieder Boden unter den Füßen zu bekommen. Zweit – Nottherapiesitzungen unterstützten mich dabei. Ja, ich hatte in der letzten Stunde meine wahnsinnige Anspannung/Absperrungen überwunden. So dachte ich. Gelöst und frohen Mutes fuhren wir kurzfristig nach Warnemünde, um unsere Seele frei zu pusten.

 

Notfall und ein genervter Notarzt

Wir verbrachten einen ruhigen Tag, am Meeer. Am Abend setzte ich mich voll Spannung an den Laptop und bearbeitete meine Fotos. Aber irgendwie konnte ich ihnen nicht richtig folgen. In mir breitete sich Unwohlsein, Magendruck, Kreislaufprobleme und Nervensurren aus. Ich bin überfordert vom heutigen Tag, dachte ich und ging schlafen. Dann ging es los. Hartes Aufstoßen, dann erbrechen, ich erbrach noch, als nicht mehr da war, was raus konnte. Ich hatte das Gefühl mein Magen wollte aus mir heraus. Mein ganzer Körper tat weh und die Nervenbahnen sausten. Ich konnte nicht mehr, rief den Notarzt. Es dauerte erst mal vier Anrufe, ehe wir überhaupt rausbekamen, wie die richtige Notrufnummer war. 15 min später trampelte ein frustrierter Notarzt in den Raum.

Mein Eindruck: Er war genervt, dass er wieder mal zu einen Urlauber mit Magenverstimmung musste. Seine ganze Körpersprache zeigte es mir sehr deutlich. Auch seine Stimme war genervt. Er hörte nicht richtig zu, unternahm nichts, stand da und äußerte genervt vier mal seine Diagnose – „Magenverstimmung, da müssen sie jetzt durch“, wiederholte vier mal das eine Einweisung nicht notwendig war und fragte dann ob ich ins Krankenhaus wollte. Was ich nach seinen viermaligen Wiederholungen natürlich ablehnte. Dann kramte er wütend im Notfallkoffer, warf mir zwei Schmerzzäpfchen aufs Bett und gab mir ein Beruhigungsmittel für den Magen. Dann war er weg. Völlig fertig schlief ich ein. Bis zur Abfahrt nach Hause verbrachte ich die Tage im Bett, nichts ging.

 

Ich pfeife auf dem letzten Loch

Wieder zu Hause, verbringe ich die Woche, im hin- und her der Gedanken. Ich pfeife psychisch auf dem letzten Loch, doch einen Entschluss zur Einweisung in die Psychiatrie konnte ich nicht wirklich fassen. Verstärkt wurde das ganze noch, als ich auf dem Notarztzettel nichts weiter las, wie „Krankenhauseinweisung abgelehnt“. Das konnte ja nun wirklich nicht wahr sein. Dieser Arzt hatte echt nicht alle Tassen im Schrank.

 

Meine körperlichen Schmerzen, wertete ich als Muskelkater, weil mein Akut-Erbrechen ja meinen ganzen Körper verkrampft hatte. Sie verschwanden auch langsam. Mich beschäftigte aber das meine rechtsseitigen Schmerzen sich nicht veränderten, sich verschlimmerten. Ich informierte mich ob man körperlich Dinge auch bei einem Aufenthalt in der Psychiatrie abklären kann. Das ist möglich. Ich vereinbarte für Montag einen Psychiater-Not-Termin und sagte meinen Therapie-Thermin ebenfalls zu. Dann würde ich weiter sehen.

 

Erste Entlastung vom Hausarzt

Doch noch ich war psychisch nicht in der Lage zu einem Arzt zu gehen, mich dort in ein volles Wartezimmer zu setzen. Michael sprach dann in der Hausarztpraxis vor und so schleppte ich mich gestern dort hin. Ich war sehr zeitig, so dass meine Aufnahme noch unkompliziert war. Es wurde 10 min später heftig voll, überall Menschen und ich war nahe daran zu fliehen. Doch da rief der Doktor meinen Namen. Nun saß ich da, jeder sah natürlich mein psychisches Dilemma. Sehr freundlich und ruhig lies er mich erzählen. Bestätigte eine akute Magenüberreaktion auf Stress. Wenn es sich mehren würde, würde er eine Magenspiegelung veranlassen. Das beruhigte mich ein wenig. Mein Seitenstechen, bezog er auf akuten Flüssigkeitsmangel. Er verschrieb mir noch mal Magentropfen und ich sollte Magentee ganz viel trinken, dann würde es besser. Beruhig verließ ich den Hausarzt.

Trotzdem hatte ich das Gefühl nur ein Psycho zu sein, der völlig übertrieb. Im Praxisflur erwarteten mich dann Menschenmassen. Ich versuchte mich artig hinten anzustellen, um mein Rezept zu erhalten. Doch es war für mich unmöglich. Wie eine Rakete schoss ich an den Menschen vorbei. Klemmte mich an den Aktenschrank hinter der Anmeldung, wo dann die Schwester sofort freundlich reagierte, mein Rezept nahm und es ausstellte. Ein Glück. Dann war ich draußen. Ich quälte mich in die Apotheke. Dort hatte ich erst mal eine „wunderschöne“ Dissoziation. „Geht es ihnen nicht gut?“ Wortlos gab ich das Rezept und bekam es irgendwie hin, nach Tee zu fragen. Dann konnte ich endlich nach Hause wanken. Irgendwie war ich beruhigt und dachte Montag klärt sich dann der Rest.

 

Notfall-Ambulanz - Endlich schnelle und professionelle Hilfe

Heute früh war alles anders. Diese furchtbaren stechenden Schmerzen, hatten mich aus dem Schlaf geholt. Sie nahmen mir die Luft. Ich konnte nicht gerade gehen, nicht richtig atmen und dieser stechende Schmerz kam immer und immer wieder. Psychisch war ich auch völlig am Tiefpunkt.

 

Wir fuhren in die Notfallambulanz 28 der Uniklinik Dresden, da die Klinik am Weißen Hirsch uns wiedermal abgewimmelt hatte. Oh mein Gott, wie geahnt, eine Masse an kunterbunten Menschen jeden Alters, im bunten lauten Durcheinander. Ich klemmte mich in eine Ecke und Michael ging zur Anmeldeschlange. Erst als er drann war, schaffte ich es dorthin. Die Aufnahmeschwester ist ein Goldstück. Sie sah mich an und wußte was los war. Ich wurschtelte raus, warum ich da war. Konnte mich aber kaum auf den Füßen halten. „Setzen sie sich mal da in die Ecke“, ich kläre alles mit ihrem Mann. Sie sprach eindringlich mit Michael, er füllte den Zettel aus und dann kam sie mich abholen „kommen sie mal mit, hier können sie nicht bleiben“. Sie führte uns in ein Notfallzimmer, das von dem Gewimmel nichts hinein lies.

 

Fünf Minuten später war Dr. Polland da. Ein Mann voller Lebenslust, Emphatie, Zugewandheit. Er hörte zu, fragte nach und äußerte einen ersten Verdacht „ich denke es ist ein eingeklemmter Nerv“, zählte mir die Symptome auf, die ich alle bestätigte. „Wir sollten sie aber erst mal etwas ruhig stellen, ihnen die Anspannung nehmen, dann sehen wir noch mal nach“.

Ich bekam Tabor und konnte mich einen halbe Stunde auf der Liege ausruhen. Die Tabor gab mir eine innerliche Ruhe, die ich gar nicht mehr kenne und löste die Anspannung auf. So entspannt und ruhig war ich schon 2 Jahre nicht mehr. Es war diese Ruhe, nach der ich mich so sehne. Dann tastete Dr. Poland mich ab, hier und da …. und hörte meinen Brustkorb ab. „Der Schmerz ist auch tatbar. Die Lunge ist völlig frei. Sie atmen nicht voll durch, weil es einen stechenden Schmerz gibt. Meine Diagnose bestätigt sich.

Jetzt klingelte es auch bei mir. Ja, diese Schmerzen kannte ich von früher. Da hatte ich sowas sehr oft, in Stresssituationen. Aber seit ich depressiv bin, waren diese Nervenklemmer weg. Fröhlich zwinkernd fragte Dr. Proland „was wollen sie lieber, Depressionen oder Nervenklemmer“. Nervenklemmer war meine Antwort und er antwortete, „das konnte ich mir denken“. Er verschrieb ein magenschonendes Schmerz-Medikament, damit ich wieder besser Atmen kann, mich normal bewegen kann, um damit den Nerv zu entlasten. Er erklärte mir auch den Not-Kreis und den Angst-Kreis in dem ich mich befand und die meine Psyche natürlich sehr stark belaste.

So einen Artz hatte ich schon lange nicht mehr. Ich wünsche ihm vom Herzen, dass er seine Lebensfreude noch lange behält. Danke Dr. Polland. DANKE

 

Fazit - Stigmatirsierung auch von Ärzten

Meine Situation hat mir deutlich gezeigt, das ich als psychisch kranker Mensch, auch von einigen Ärzten stigmatisiert werde und nicht entsprechend behandelt werde. Psychisch Krank = Psychisch Krank und alle körperlichen Symtome werde einfach dort hin geschoben und abgehakt. Ich habe es schwer wirklich eine Abklärung der körperlichen Symptome zu erhalten. Für das nächste Mal weiß ich, dass ich die Abklärung verlangen werde. So geht es nicht. Ein psychisch kranker Mensch kann nicht noch 3 Anläufe nehmen, ehe er einen Arzt findet, der wirklich hinschaut. Oft sind sie ja, so wie ich, froh überhaupt einen Arzt aufgesucht zu haben. Ein Negativerlebnis bestätigt Selbstzweifel und bedeutet einen riesigen Kraftaufwand, noch einmal einen Arzt aufzusuchen.

 

Ohne Michael hätte ich es gar nicht geschafft, mehrfach zu telefonieren, die Absagen hinzunehmen und dann noch einen Arzt aufzusuchen. Ich darf gar nicht all die psychisch Kranken denken, die allein sind. Es macht mich sehr traurig. Ich habe es geschafft. Montag entscheidet sich wie ich weiter gehe. Psychiatrische Klinik oder nicht.