15.05.2018-Therapiethema: Mein Kampf gegen das innere Kind. Ein Kampf gegen mich selbst

Das innere Kind will leben

Ich fühle mich schlapp und zerschlagen. Ich hatte wunderschöne Tage am Meer. Und doch war es, als wenn ich ständig auf der Bremse stehe. Das Gefühl beständig vorwärts zu wollen, aber irgendwas hält mich fest und macht das Gehen schwer. Ich habe ein tonnenschweres Gewicht am Bein.

 

So lange ich unterwegs war, war der Kopf frei. Ich schaute auf das Meer, sah den Wellen zu, hörte die Wellen, fühlte den Sand oder sah mir schöne Städte an. Sobald ich aber Zeit hatte, für mich zu sein, rannten meine Gedanken Amok im Kopf. Gedanken die sich nur in der Vergangenheit befanden. Kein Platz für die Gedanken an die vielen schönen Dinge des Tages, an die wundervollen Momente des Tages, an die Freude aller Sinne. 

 

Festgehalten in der Vergangenheit

Warum bin ich immer in der Vergangenheit? Sie ist vorbei! Ich könnte so frei sein, denn ich habe alles was ich brauche, ich bin zufrieden mit dem was ich habe. Ich brauche nicht kämpfen. Ich könnte einfach nur leben. Leben wie ich bin und mit den Menschen, die mich lieben.

 

Was hält mich fest?

Was ist da, was sich so stark in mein Leben drängt?

Warum tut es das?

Was will es?

 

Ja, der Kopf weiß es genau. Das innere Kind ist in mir sehr laut und deutlich zu vernehmen. Doch noch immer verweigere ich mich ihm. Noch immer höre ich ihm nicht zu. Noch immer kann ich es weder akzeptieren, noch annehmen. Ich ignoriere es beständig. Deshalb ist es so wütend und bremst mich aus. Es hält mich fest, weil ich ohne dieses Kind nicht weiter gehen kann. (Meine Therapeutin zeichnet das obige Bild)

 

Woher kommen die Gefühle

Ich will diese Gefühle nicht. Machtlosigkeit, Angst, Versager, Hilflosigkeit, Wut, Ausgeliefertsein, Schwach-sein...! Woher kommen diese Gefühle?

Sie kommen alle aus der Vergangenheit.

Sie sind nicht im Hier und Jetzt.

Warum, kann ich sie nicht annehmen?

Wovor habe ich Angst? Was verweigere ich?

Es ist doch nur Vergangenheit.

Es ist niemand mehr da, der mir diese Gefühle gibt. Sie haben mit meinem Leben jetzt nichts mehr zu tun und sie können mir nicht mehr weh tun. Ich bin jetzt erwachsen, habe liebe Menschen um mich herum und kann für mich selber sorgen und entscheiden. Ich selbst entscheide was ich will, tue oder ablehne. Ich kann das! Ich bin nicht mehr das Kind, dass zu schwach ist, sich zu wehren.

War dieses Kind wirklich schwach?“, fragt meine Therapeutin. Nein, denke ich, es war stark, stärker als so manches andere Kind. Ich bin nicht mehr das Kind, dass kämpfen muss um zu überleben. Ich habe jetzt die Freiheit zu leben.

 

Ich bin kein Versager

Diese Gefühle, die ich so sehr ablehne, sind da und real. Das innere Kind sendet sie aus, damit ich sie begreife und annehme. Mein Kampf gegen das innere Kind ist ein Kampf gegen mich selbst.

 

Dieses starke innere Kind, hat mich mein Leben lang begleitet. Es hat mich auch weiterhin überleben lassen. Ich habe immer wieder die selben Fehler gemacht. Ohne Chance, Dinge weiter gegeben, die ich niemals wollte. Wußte ich es anders? Hätte ich anders überlebt? War jemand da, der mir gezeigt hätte, es geht auch anders? Nein. Ich bin durch das Leben gegangen, mit dem was ich wusste, was ich geben konnte, was ich gelernt hatte und immer mit dem Bewusstsein anders zu sein, nicht gut genug zu sein. Doch ich habe mein Bestes gegeben, ganz bestimmt. Ich bin kein Versager, auch wenn meine Gedanken sofort widersprechen.

 

Das ist eine starke Leistung

Ich habe mein ganzes Leben damit verbracht, so zu sein wie es andere erwarteten oder forderten. Ich habe mein ganzes Leben lang anderen Menschen geholfen, ihnen zugehört, sie getröstet, sie motiviert, sie aufgebaut, sie in den Arm genommen, sie bestärkt. Doch genau das, kann ich mit mir selbst nicht. Ich bin zu blöd dazu. Und da bin ich wieder, zum wiederholten Mal in dieser Stunde, an der Stelle, mich selbst abzuwerten. Warum tue ich das? Ich bin nicht zu blöd! Ich habe es nie gelernt. Ich stelle mich dem Thema und ich arbeite an mir. Das ist eine starke Leistung! (auch wenn mir meine Gedanken sofort widersprechen)

 

Keine Zeit um schwach zu sein

Wir sind am Ende der Therapiezeit. Da wird mir bewusst, dass ich immer und von vielen (mir zugewandten) Menschen als stark bezeichnet wurde. Das ich an meinem Geburtstag 2005 mir nur eins wünschte – nicht mehr stark sein zu müssen. Ich war es so leid, all dieses kämpfen, all diese Widerstände, all diese Abwertungen. Damals sagte jemand zu mir, „du bist so wundervoll, in dir ist so viel Mensch..., wenn du mal zusammenbrichst, möchte ich nicht dabei sein“. Doch ich war noch lange stark, musste noch stark sein und kämpfen. Bis nichts mehr ging. Aber habe ich aufgehört stark zu sein, aufgehört zu kämpfen? War ich wirklich jemals schwach?  

 

Nein! Niemals! Selbst in den schlimmsten Stunden, wollte ich unbedingt mein Leben zurück. Ich war beständig am kämpfen, so dass mancher Therapeut erschrocken inne hielt, sein Ziel nicht erreichte. Mein erster Therapeut, sagte damals:"So eine Patientin, die so betroffen ist und arbeiten geht, hatte ich noch nie. Sie verwirren mich. Sie wissen so viel, ihr Kopf denkt so klar, sie arbeiten so sehr an sich..." Er fragte oft nach, ob ich die Wiedereingliederung nicht abbrechen möchte. Doch erst meine Psychiaterin beendetet die Wiedereingliederung unerbittlich. 

 

Mit allen Mitteln

 

Ich kämpfte mit allen Mitteln, immer vorwärts, ja nicht stehen bleiben, Wissen aufsaugen, üben, üben … weiter. Selbst in der Krankheit habe ich es nicht zu gelassen schwach zu sein, obwohl ich mich als schwach und minderwertig fühlte und fühle.

Ich habe das gemacht, was ich am besten kann. Ich habe mich selbst ignoriert. Mir selbst viel zu hohe Forderungen gestellt. Mich konsequent so lange überfordert, bis gar nichts anderes möglich war, als eine Pause zu machen.

 

Ich glaube, ich weiß überhaupt nicht was schwach sein ist. Das ist gerade eine schlimme Erkenntnis für mich. Ich bin so gedrillt, so hart gegen mich selbst, dass ich nicht wirklich weiß, was schwach-sein, ist.

Was ist schwach?

Oder, was ist weich?

Was ist so schlimm daran, schwach oder weich zu sein?

Ich will nicht hart sein, warum bin ich es dann?

Fragen …

 

Was nehmen sie heute aus der Stunde mit?

Ich glaube ich möchte meine abendliche Dankbarkeitsübung verändern. Ich denke, sie ist für mich inzwischen zu leicht. Ich bin wirklich dankbar für viele Dinge, in meinem Leben, im Außen. Ich denke, es ist für mich hilfreicher, mehr Aufmerksamkeit auf mich selbst zu lenken. Ich kann mich selbst nicht annehmen. Also werde ich jetzt üben, mir selbst dankbar zu sein. Ich werde jeden Abend einen Gedanken finden, für den ich mir selbst dankbar bin.

Ich bin mir selbst dankbar dafür, dass ich ... 


Nachzeichnung des Bildes meiner Therapeutin. Ich habe die Figuren in der Zukunft ergänzt.

Als ich das Bild an der Pinnwand anbringen wollte, viel mir ein, dass etwas wichtiges fehlte. Die Aufgabe, meine Gefühle zu hinterfragen. "Wo kommen die Gefühle her?"

Zwei mal bin ich am Bild vorbei gegangen. Dann musste ich es noch einmal ergänzen. Die Sonne und die 2 Personen (Große und kleine Heike) in eine warme Person verbinden. Das ist die Zukunft. Da will ich hin. Schritt für Schritt.


Ich glaube, selbst in dieser Art, der Therapiestunden-Nacharbeit kommt mein unsäglicher Perfektionsdrang hervor. Andererseits zeigt und erinnert mich das Bild jetzt, an die Erkenntnisse aus der Therapiestunde und zeigt deutlich wohin mein Weg führt.

 

Ende der Therapie-Nachbereitung. Pause bis nächste Woche Dienstag.