KlinikTagebuch - Ankommen, 1. Aufgaben und 1. Begegnungen

KlinikTagebuch - 13.12.2018 - 1. Tag

Um 5.00 Uhr klingelt mein Wecker. Ich habe noch 4 Stunden bis ich los muss. Ich brauche Kaffee. Ich bin höllisch angespannt, müde, habe Angst und den festen Willen diesen Weg zu gehen. Mit der Kaffeetasse, auf dem Weg zum "Raucher-Balkon" bemerke ich Rudi. Rudi hopst auf meinen Taschen hin und her. Er hat lange Zeit bei Anna & Clara in Kopenhagen gewohnt und ist extra angereist, um mich in die Klinik zu begleiten. Das ist so wunderbar. Meine Mann ist der beste Ehemann der Welt.

  

Ich kann nur gewinnen.

 

Ich kann nichts verlieren. Ich muss nicht alles schaffen. Alles kann, muss aber nicht. Ich nehme es, wie es kommt und gebe was ich kann. Was nicht wird, soll noch nicht sein. 

 Bei diesem 2. Stabilisierungsaufenthalt  habe ich es wesentlich leichter. Ich bin besser vorbereitet und kenne die Abläufe. Dementsprechend habe ich bessere Voraussetzungen den Klinik- und Therapiealltag zu meistern.

Durch das konsequente einhalten meiner Tagesstruktur, über die vergangenen 2 Jahre, fällt es mir leichter am Morgen in den Tag zu kommen.

Ich habe geübt mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen, den Kontakt auszuhalten, so daß ich es auch hier leichter haben werde.

Ich habe meine Dissoziationen minimiert. Auch meine Geräuschempfindlichkeit ist nicht mehr so heftig, so daß keine Schreck-Schrei-Attacken mehr vorkommen.

Ich habe viel in der Therapie gelernt, kann mit unterschiedlichen Skills (z.B. schreiben) arbeiten, um mich zu Regulieren.

Ich kann besser für mich selbst sorgen und meine Grenzen erkennen und einhalten.

Ich übernehme Verantwortung für MICH und versuche mein Bestes zu geben.

Insgesamt bin ich wesentlich stabiler und belastbarer.

 

Seit heute habe ich auch einen Klinik-Talisman, der mich an meine Stärken erinnert, wenn ich den Mut verliere und aufgeben möchte, Rudi.

Aufgeben ist keine Option. Auch wenn ich die Klinik abbrechen sollte, ist es kein aufgeben. Dann ist das so und es wird einen anderen Weg geben, den ich gehe. 

Ich bin auf dem Weg. Noch 2 Stunden bis zum Aufbruch in die Klinik.


13.12.2018 - Angekommen in der Klinik

Adresse: Klinik am Waldschlösschen, Sudhausweg 6, Zimmer 102, 01099 Dresden

Für die nächsten 10-12 Wochen, wenn alles gut geht, ist das nun meine Adresse. Ich habe mich häuslich eingerichtet und den ersten Tag hinter mir.

Wie gehofft, ist es mir dieses Mal nicht so schwer gefallen. Alles ist bekannt, die Abläufe sowie die Wege sind noch in guter Erinnerung und ein paar bekannte Patienten sind auch wieder da.

Heute standen auf meinem Plan:

  • Aufnahme in der Pflege
  • Erstgespräch Psychotherapeutin
  • Mittagessen
  • med. Diagnostik - Aufnahme
  • Einführung in die Körpertherapien
  • Patienten-Willkommen
  • Abendbrot

Die üblichen Aufnahmen sind am ersten Tag natürlich normal. Was ist toll fand und mir den Einstieg doch noch ein Stückchen vereinfachte, war die Tatsache das meine Bezugs-Therapeutin krank ist. Ihre Vertretung ist meine ambulante Therapeutin. Nein, heute waren meine Beine nicht ruhig zu stellen. Ich stand unter Hochspannung, aber das Gespräch lief offen und vertraut. Etwas verwundert war ich in der med. Diagnostik. Ich bekam keine Aufforderung mehr Wasser oder Saft zu trinken. 1,5 Liter am Tag, auch wenn es nur Kaffee ist, sind ausreichend. 

 

Die Einführung in die Körpertherapien war toll. Anders als in meiner Erinnerung, gab es hier wirklich informative Aussagen. Hauptaugenmerk liegt in allen 3 Therapieangeboten (traumasensibles Yoga, Bogenschießen und Körpertherapie) auf der Achtsamkeit gegenüber sich selbst, in den Körper spüren und wahrnehmen was ist. In der Körpertherapie kommt dann noch das miteinander mit Patienten in verschiedensten Übungen hinzu. Morgen habe ich gleich meine erste Stunde. 

 

Ich bin kaputt, aber immer noch guten Mutes. Es geht besser. Ich kann mich sogar heute schon mit anderen Patienten unterhalten. Ich habe es geschafft, weil ich meinen Skill vergessen hatte, mir einen Igelball im Fundus des Therapieraumes zu holen. Ich habe es geschafft, Nachfragen zum Yoga zu stellen. Ich werde es vielleicht ausprobieren, wenn ich es neben den anderen wichtigeren Therapien noch leisten kann. Vielleicht bekomme ich damit ein Stück Anspannung aus mir heraus. Die größte Herausforderung ist Essenraum. Ich empfinde ihn als sehr laut. Positiv überrascht bin ich vom Essen. Es war schon vor 2 Jahren gut. Ich glaube das Essen ist noch ein Stück besser geworden, wenn ich das am 1. Tag schon einschätzen kann.

 

Der Tag ist geschafft. Ich bin von mir selbst überrascht. Es geht alles leichter, ja einfacher als ich geglaubt habe. Ich habe schon heute Dinge geschafft, an die ich vor 2 Jahren gar nicht denken brauchte. Mit Willi dem Haifisch vor dem Spiegel, klappt es sicher auch am Morgen besser. So wie der schaut, muss ich wach werden.

Es war eine gute Entscheidung wieder her zu kommen.