Januar 2019 - Trauma-Klinik-Tagebuch - Ergänzungen nach der Entlassung

Januar 2019 - Kliniktagebuch (Ergänzung)

Klinik-Tagebuch 08.01.2019

Auf meinem Therapieplan stand: Frühstück, Einzeltherapie, Mittagessen, Kunsttherapie-Gruppe, PMR-Gruppe, Abendbrot.

 

Ein guter Tag, der mit einem Trigger und Dissoziation zu Ende ging. Heute war ich sehr angespannt in meiner Einzeltherapie. Ich hatte ein paar Themen, die ich aussprechen musste, weil ich Antworten brauchte. Ich habe es geschafft, sie wenigstens auszusprechen. Einige Antworten habe ich erhalten, andere wurden aus Zeitgründen zurück gestellt. Noch einmal war mein Blog Thema. Das Thema wurde gut geklärt und ich bin sehr zufrieden. Ich habe alles richtig gemacht und nichts Böses getan. Um jetzt aber den Blick nur auf mich selbst auszurichten, wird mein Tagebuch derzeit nicht mehr öffentlich sein. Zum Abschluss wiederholten wir die EMDR-Übung zum Vertrauen, die wieder sehr gut funktionierte. Diese Ruhe und Leichtigkeit ist immer noch unglaublich für mich.

 

In der Kunsttherapie-Gruppe stand heute das Thema Zukunftsvision. Es galt sich vorzustellen wo ich in ein paar Jahren sein möchte und das aufs Papier zu bringen. Ich hatte sofort eine Vorstellung, von einer kleinen zugewandten Häuserzeile unter Bäumen und blauen Himmel. Mein Bild wurde dann zweigeteilt. Die Häuserzeile begann mit farblosen Häusern und ging dann in lustig bunte Häuschen über. Der Himmel ging von grau hin zu blau-bunt. Ein Sonnenbogen war auch da und die Sonnenstrahlen erreichten das gesamte Bild. Ja, ich wollte zurück in das bunte fröhliche Leben.

 

PMR (Progressive-Muskel-Relaxation) habe ich schon mehrfach probiert und es hat nie funktioniert. Heute wollte ich es wieder probieren, obwohl ich meine Zweifel hatte. Die Übung im Sitzen (mit wackelnden Beinen) und dazu noch Musik (die für mich unangenehm ist). Es kam zu einem Zwischenfall, der mich stark triggerte. Ich verließ in einer dissoziativen Panik den Raum. Kam erst einigermaßen wieder zu mir, als ich ein Radio wahrnahm und eine Stimme sagte: Gehen sie in die Pflege. Was ich dann auch tat. Ein kurzes Gespräch und ein Eispack, eine Rauchpause und ich begann mich langsam wieder zu regulieren. Grr, so was brauche ich echt nicht. Nach dem Abendbrot gab es nur noch mein Bett.


Klinik-Tagebuch 09.01.2019

Auf meinem Therapieplan stand: Frühstück, Themenzentrierte Gruppe, Einzeltherapie, Mittagessen, Ergotherapie-Gruppe, Abendbrot.

 

Mein Tag begann völlig verdreht. Ich hatte das Gefühl, es heute nicht zu schaffen. Ich fühlte mich antriebslos, überfordert, erdrückt und Angst jagte in meinen Adern. Ich schaffte das Frühstück. In der Themenzentrierten Gruppe schaffte ich die Eingangsrunde und sagte ehrlich wie ich mich fühlte. Ich brauchte die Unterstützung der Therapeutin, um zu erkennen, dass ich gerade nicht für mich sorgte. Es besser wäre die Gruppe zu verlassen, mich in der Pflege abzumelden und für mich zu sorgen. Ich verließ die Gruppe. Bis zur Einzeltherapie hangelte ich mich, mit Eispack, über die Zeit. Mein Kopf fuhr Achterbahn.

 

Ich begriff langsam sehr deutlich, was den Trigger in der PMR-GRUPPE gestern ausgelöst hatte. Völlig über dem Limit saß ich dann meiner Therapeutin gegenüber. Das einzige was ich ihr mitteilen konnte, war die Situation um den PMR-Trigger und wie ich heute die Themenzentrierte Gruppe verlassen hatte. Sie verlor nicht viele Worte. So wie sie gerade hier sind, können wir nicht arbeiten. Sie haben überhaupt nicht auf sich geachtet und ihre Grenzen überschritten. Haben sie schon mal etwas von Verhaltensanalyse... Vertrag... gehört? Wir werden zusammen einen Vertrag machen, damit sie für sich selbst sorgen lernen. Jetzt gehen sie bitte und sorgen für sich. Wenn sie hoffentlich am Nachmittag wieder Handlungsfähig sind, lesen sie sich in Ruhe den Vertrag mal durch. Haben sie keine Angst, wir sprechen noch ausführlich darüber.

 

Ich ging eine Rauchen, obwohl selbst das zuviel war. Auf dem Zimmer angekommen, gab es nur noch mein Bett. Ich verschlief das Mittagessen und die Ergotherapie-Gruppe. Am späten Nachmittag gönnte ich mir dann einen Chociatto. Langsam begann mein Kopf wieder zu arbeiten. Abendbrot ein wenig Facebook-Spiele und mein Bett hatte mich wieder.


Klinik-Tagebuch 10.01.2019

Auf meinem Therapieplan stand: Frühstück, Psychoedukation-Gruppe, KK-Einzeltherapie, Mittagessen, Imagination, Sport, Gruppenaktivität.

 

Heute ging es mir wieder gut. Ich überstand die Psychoedukation-Gruppe gut, in Erinnerung an gute Weiterbildungen, die mir immer Spaß gemacht hatten. Thema war heute „Die komplexe PTBS“. Dieses Krankheitsbild bzw. diese Diagnose gibt es noch nicht so lange. Sie ist einer Borderline-Diagnose sehr ähnlich und es kann zu einer Verwechslung der Diagnosen kommen. Ein sehr interessantes Thema, mit sehr vielen Merkmalen, die ich sehr gut kenne und auch erkenne.

 

In meinem KK-EINZELTHERAPIE besprach ich meine Erkenntnisse zum Trigger und meine heftigen Reaktionen und Empfindungen, wenn es anderen Patienten schlecht ging. Ich sprach darüber hinaus meine Frage zur Dramatherapie aus. Im Ergebnis vereinbarten wir vier Ziele: Auf mich schauen, nicht nach Außen, nicht für andere handeln, mich nicht kümmern, meine Drama-Frage mit der entsprechenden Therapeutin selbst zu klären (oh mein Gott), eine Diskrimination zum Trigger zu schreiben und alle Fragen und Themen die ich besprechen möchte aufzuschreiben und selbst abzuhakeln. Puh, harter Tobak.

 

In der Imagination ging es heute auf die Reise zur inneren Weisheit (Helfer). Nein es gelang mir nicht. In mir innere Weisheit? Unmöglich... Nicht einmal nachzuspüren wie der Kontakt meines Körpers zum Außen war, gelang mir. Ich hörte der Erzählung zu, hörte den Klang der Stimme und versuchte die Ruhe aufzunehmen. Nach der Imagination bekam ich ein Bild. Ein paar einfache Fragen der Therapeutin, ein paar hübsche Vorstellungen wurden im Kopf zusammengefügt. Zu meinem Bild. Dazu bekam ich einen goldenen Kleeblatt-Schlüssel. Mal sehen, ich hoffe sehr, dass ich dieses Bild in mir aufschließen kann, um dann in die Imagination zu gehen.

 

Die Sporttherapie war nach einer halben Stunde mechanischen Laufband erledigt. Danach stand für mich dann achtsames duschen an. Ich habe es geschafft. Ich liebe dieses Zucker-Orangen-Peeling.

 

Die Gruppenaktivität gelang mir heute nicht so gut. Ich schaffte es „mein“ Thema einzubringen, war dann aber mit der Gruppensituation ansich, überfordert, sprach aus was ich dachte, auch wenn es ein blöder Satz war und ging auf mein Zimmer. Dort nutzte ich die frei gewordene Therapiezeit meine Diskrimination zum PMR-TRIGGER zu schreiben. Damit konnte ich mich gut regulieren. Nach dem Abendbrot kam Michael für eine kurze Zeit, dann ein wenig Facebook und mein Tag war vorbei. Müde und kaputt fiel ich in mein Bett.


Klinik-Tagebuch 11.01.2019

Auf meinem Therapieplan stand: Frühstück, Wochenausklang-Gruppe, Körpertherapie-Gruppe, KK-EINZELTHERAPIE, Fertigkeitentraining, Mittagessen, Abendbrot.

 

Zwischen meinen Therapien am Vormittag war heute stets nur eine kurze Rauchpause. Im Wochenausklang hatte ich Mühe etwas positives der Woche zu finden. Es war scheinbar so unwichtig, dass ich es schon wieder vergessen habe.

 

Die Körpertherapie war heute auch sehr gut. Die Einführungsrunde - „Wie sind sie gerade hier“ hat viel Zeit in Anspruch genommen. Wir hatte viele verschiedene Themen, die in uns wirbelten. Auch wenn wir uns alle, um kurze Aussagen mühten, brauchte es, durch die Nachfragen der Therapeutin, doch mehr Zeit. Mit Blick auf die Gruppe galt es heute einen Baum auf dem Fußboden auszulegen (mit Seilen). Gemeinsam machten wir uns ans Werk. Es wurde ein richtig toller Baum, mit guten Wurzeln, dicken starkem Stamm und tragenden Ästen an dem Blätter und Früchte hingen. Die Früchte hatte ich daran gehangen. Äpfel und einen Kirsch-Ohrring. Dieser wurde begeistert entdeckt. Im Anschluss sollten wir uns mit einem Stein, in der Gruppe (Baum) zuordnen. Fast alle waren im Baum zu finden. Ich hatte meinen Stein in einen Apfel gelegt. Mein Hintergrund dazu war, dass ich in der Gruppe bin und sein möchte, aber bei Wind auch schnell vom Baum fallen kann. In der weiteren Runde, wurde mir wieder sehr bewusst, dass es noch andere hier gab, die auch Angst und Zweifel hatten, was mich beruhigte. Ich bin nicht allein.

 

In meinem KK-EINZELTHERAPIE verabredeten wir Themen für die nächste Woche, ich sprach über die Imagination, darüber das ich nicht loslassen kann mich selbst spüren kann und wir festigten die EMDR-ÜBUNG-Vertrauen. Erst danach sprach ich über meine Probleme und meine Reaktion bei der Gruppenaktivität an, was sofort auch wieder meine Beine auf den Plan rief. Als mir die Therapeutin sagte, ich möchte das Thema doch bitte mit in das Fertigkeitentraining nehmen und dort ansprechen, verneinte ich sofort heftig. ANGST! Meine Therapeutin fragte mich: Haben sie schon einmal eine Ressourcen-EMDR-Übung gemacht, was ich verneinte. Gut, dann machen wir es jetzt.

Erinnern sie sich an eine Situation in der sie einmal sehr mutig waren. Ich legte meine Hände hin, sie begann zu klopfen und ich ging die „Himmelsleiter“ hoch, in meiner Erinnerung. Ich musste lächeln. Ich erinnerte mich und erzählte wie ich es geschafft hatte und wie froh und laut ich oben war. Es war eine schöne Erinnerung. „Und jetzt gehen sie in das Fertigkeitentraining und sprechen über ihr Problem in der Gruppenaktivität.“ Nein. Ja. Oh mein Gott. Ich weiß nicht. Ich gehe eine Mut-Zigarette rauchen. Ich werde es versuchen. Völlig im Angstpegel gefangen ging ich rauchen.

 

Als ich wenig später dann im Fertigkeitentraining saß, war mein Spannungspegel bei 90. Trotzdem brachte ich es irgendwie heraus und wartete auf … Nichts von meinen Ängsten bestätigte sich. Die Gruppe besprach das Thema. Ich bekam ehrliche Aussagen, auch dazu was meine Worte bei anderen bewirkt hatten. Ich entschuldigte mich für meine unkontrollierten Worte. Gemeinsam wurde dann eine sehr gute Lösung gefunden die, nicht nur mir, Motivation für die nächste Gruppenfreizeit gab. Ich konnte meinen Angstpegel gut nach unten fahren. Es passierte nichts. Kein austeilen, niedermachen... Es war eine überaus fordernde und anstrengende Erfahrung, die wichtig für mich war.

Das Thema der Stunde war dann, die Weiterführung zum Thema Selbstwert. Die Seite mit der Selbstkritik konnten wir schnell füllen. Sie Seite mit dem Selbstlob war etwas schwieriger, aber gemeinsam konnten wir auch diese füllen und alle gemeinsam in positiver Stimmung in das Wochenende starten.

 

Ich gönnte mir einen Chociatto vor dem Mittagessen, um mich zu regulieren und diesen Spannungsbogen zu glätten. Ich war völlig geschafft, aber auch „stolz“ auf mich, es geschafft zu haben. Ich war MUTIG! Wow. Für weitere Dinge war heute aber keine Kraft mehr. Ich verdruselte den Nachmittag, traf am Abend kurz Michael und nach dem Abendbrot war Bettzeit angesagt. Ich bin einfach nur froh, dass Wochenende ist. Dieser Druck (Belastung) auf meinen Schultern, meine Lärmempfindlichkeit, meine Träume und diese Angst, wenn jemand hinter mir steht oder geht, belasten mich stark. Es wird leider nicht besser. Ich habe den Eindruck es verstärkt sich noch. Keine Ahnung warum.


Klinik-Tagebuch 12/13.01.2019

Samstag entlud sich meine Seele. Ich quälte mich zum Frühstück. Danach schlief ich bis der Wecker mich zum Mittagessen weckte. Ich bekam kaum etwas runter. Kochte mir dann eine Kanne Kaffee. Der Kaffee brachte mich einigermaßen in den Tag. Ich bastelte an meinem Blog, veränderte einen Text, löschte alle Daten der Klinik und schrieb meinen „Abschiedsblog“ und einen Gedankenblitz zu meinem Kaffeebecher, mit viel Freude. Ich schaute in der Dänemarkgruppe und in der Fotogruppe vorbei. Am Abend kam Michael für eine halbe Stunde. Das war sehr schön. Mehr passierte nicht. Das ist OK. Das darf sein.

 

Sonntag schrieb ich nun endlich mein Tagebuch nach. Nach meinen Tagen der Schreibblockade, tat mir das wirklich gut. Ich glaube meine Gedanken lagen wie ein schwerer Klotz auf meinen Schultern und drückten mich. Schön, einfach Zeit zu haben, um zu schreiben was ich in der Woche erlebt hatte und vor allem was ich geschafft habe. Ich bin sehr gespannt darauf, was mir die Blick-Fokussierung-Ich bringen wird. Ja, ich habe auch Angst davor. Was werde ich sehen? Wen werde ich sehen? Was werde ich fühlen? …

 

Und doch ist an diesem Wochenende alles anstrengend, jeder Schritt. Ich genieße die Zeiten wo ich allein bin, im Zimmer oder der Raucherecke. Ich bin so unendlich müde und geschafft. Die vergangene Woche war so hart, dass ich jetzt kaum Land sehe. Ich habe das Gefühl ich sitze auf einem Schlitten und fahre die Eisbahn hinunter, ohne eine wirklich Möglichkeit zu bremsen.

Ja, ich habe so viel geschafft, aber wirklich stolz kann ich mich nicht fühlen. Es hat mir so unheimlich viel Kraft gekostet. Es ist nichts passiert und doch war es etwas, was ich innerlich völlig ablehnte, nicht wollte und doch tat. Das Leben ist nicht ohne Konflikte. Man kann Konflikte auch ohne Abwertung oder Angriff lösen. Ich habe es erfahren und doch.... Es donnert so viel auf mich ein. Immer Neues und immer wieder – sie schaffen das. Ich bin so müde. Es kostet hier alles so viel Kraft. Der Druck auf meinen Schulter wird immer schlimmer. Weglaufgedanken und Verurteilungen spielen Ping Pong. Morgen ist ein neuer Tag.


Klinik-Tagebuch 14.01.2019

Nein, das war nicht mein Tag. Genau so geschafft wie ich schon gestern war stehe ich nach einer schlimmen Traumnacht heute auf. Ich komme nicht aus dem Knick, jeder Schritt, jede Handlung kostet mich Kraft. Irgendwíe esse ich Frühstück um wenig später in der Themenzentrierten Gruppentherapie zu sitze. Nein, ich bin nicht wirklich da und weiß auch nicht wohin mit mir. Mit Unterstützung des Therapeuten, finde ich die Entscheidung die Therapie zu verlassen. Auch der Versuch einer Eigenregulation mit Tierkette gelingt nicht. Nein, verstärkt sogar noch die Symptome. Ich melde mich in der Pflege ab und falle in mein Bett. Mittagessen per Wecker. Dann kommt die Info, dass mein Kunst-Einzel heute verschoben werden muss. Geschafft falle ich wieder in mein Bett und schlafe bis zum Abendbrot. Nichts geht. Morgen ist ein neuer Tag.


Klinik-Tagebuch 15.01.2019

Heute ist wieder ein normaler Tag. Bis zum Mittagessen gibt es keine Herausforderungen oder Therapien. Das Mittagessen ist meine erste und heftige Herausforderung des Tages. Da ich heute vorgezogene Einzeltherapie habe, muss ich in der 1. Gruppe essen gehen. Zum Glück sitzen an dem Tisch, an dem ein Platz frei ist, Patienten die ich kenne. Meine Rettung. Ich habe es geschafft.

 

Meine Einzeltherapie hat heute sofort mit der EMDR-Vertrauensübung begonnen. Nach dem ich anfänglich noch mal ausgestiegen bin, hat es dann langsam funktioniert. Es ist wieder gelungen meine Beine ruhig zu stellen. Sie blieben auch die gesamte Stunde recht ruhig. Ich habe über das Wochenende gesprochen und darum gebeten, doch mal im Protokoll nachzuschauen, ob irgendein Thema noch nicht fertig bearbeitet wird. Vielleicht hängt es ja noch auf meinen Schultern rum. Hmm. Vielleicht haben sie ja eine Hausaufgabe vergessen? Das brachte mich sofort in Wallungen und meine Beine in Marsch. Ich? Vergessen? Was? Welche? Ich konnte mich drehen und wenden, ich bekam keine Antwort und die Beantwortung der Frage, blieb in meiner Patientenakte.

„Sie werden lernen, es auszuhalten … Grrr, das ist nichts für mich. Die Frage treibt mich immer noch. Es kann nicht sein, dass ich was vergessen habe und wenn doch, möchte ich es noch nacharbeiten. … Meine Therapeutin lächelt mich an...

Wir wechseln das Thema und besprechen den „Vertrag“, wo schon das Wort mich in Angst und Schrecken versetzt. Ich beruhige mich, als ich den Vertrag ändere in „ Vertrag damit ich mich mir Mir vertrage“. Es ist echt ein hartes Brot. Festzuhalten, aufzuschreiben wie ich mich verhalte und welche positiven bzw. negativen Auswirkungen es hat, wo meine Auslöser sind und … Bei äußeren Auslösern – meine Therapeutin zieht ein Auge hoch und schaut mich oberernst an. Ich reagiere sofort. Sie macht es wiederholt und ich reagiere wiederholt. Schlimm, die Erkenntnis wie viel Macht ich selbst noch Menschen gebe, die überhaupt nicht mehr in meinem Leben sind. Gruselig.

Etwas später machen wir eine STOP-Übung. Sagen sie STOP … ich sage Stop … Stop … … … - sagen sie es lauter - … Stop … …. -lauter- … Stop … Stop – -stampfen sie mit dem Fuss auf und sagen sie es fordernd- … … … Irgendwann sage ich sehr laut STOP und stampfe mit dem Fuss auf. Das wiederhole ich dann noch einmal. Was für ein Gefühl. Befreiend. Morgen ist der Spiegel dran. Es kann nur schlimmer werden, lach.

 

Die Kunsttherapie-Gruppe war wieder Entspannung, auch wenn meine Beine wackeln. Heute wurden wir aufgefordert ein Wort zu finden, dass uns gut tut, was uns voran treibt, was wir mögen. Sofort hatte ich für mich 2 Wörter, die ich malen wollte. STOP & VERTRAUE. Für mich gehörten sie heute zusammen.

Stop: Arschloch, Angst, Zweifel & Vertraue mir! Vertraue dir selbst, denn alles was du brauchst ist in dir.

Ein Satz den ich gern für andere verwende, aber selbst nicht umsetzen kann. Ja, es wurde ein schönes warmes und fröhliches Bild, wo Tulpen und Gänseblümchen den Mut hatten auf den Buchstaben zu tanzen bzw. zwischen ihnen in die Höhe zu wachsen. Ja, es war schön zu sehen, wie es sein könnte, wenn ich STOP sagen kann und wieder VERTRAUE.

 

Am Abend war noch PMR. Ich konnte es relativ gut aushalten bis die Therapiestunde begann. Auch das der Raum voll wurde und wieder eine Patientin mit dem Finger auf ihren Platz zeigte … Dann begann die Übung. Im Hintergrund lief leise Musik. Nein, mit meinen wackelnden Beinen irgendwie zur Ruhe zu finden, … Die Musik fing an in meinem Kopf zu surren und löste Angst und Druck aus, tiefe Trauer oder Traurigkeit, ich weiß es nicht nicht. Mein Spannungspegel fing an sich zu drehen. Ich verließ den Raum.

Ob das nun richtig war oder doch Vermeidungsverhalten kann ich erst Morgen, in meiner Einzeltherapie klären. Bis dahin, fühlt es sich erst einmal richtig an.

 

Am Abend nun erledige ich meine Hausaufgabe, den Vertrag zu ergänzen. Ein paar Fragen bleiben für mich offen. Fragen, die mich schon wieder unter Druck setzen. Ich habe sie aufgeschrieben, um sie morgen anzusprechen. Ich glaube heute war ein guter Tag.


Klinik-Tagebuch 16.01.2019

Der Tag beginnt mit der Themenzentrierten Gruppentherapie. In der Morgenrunde gibt es eine Störung. Störungen haben Vorrang. Das heißt, erst wird die Störung besprochen und dann ein Thema. Die Störung ist heftig und sie löst in mir mein Helfersyndrom aus. Ich kann einfach Angst und Tränen nicht sehen. Meine Hilfe war nicht nötig und auch nicht gewollt. Mein Spannungsbogen spannte sich auf und ich war nicht mehr in der Lage, diesen selbst zu regulieren. Also ging ich aus der Gruppe.

 

Dann sortierte ich meine Gedanken und wartete auf meine Einzeltherapie. Dort konnte ich meine Befindlichkeiten zur Gruppe klären und darüber hinaus auch alle meine, noch offenen Fragen zum Vertrag – Ich vertrage mich mit Mir. Meine erste Verhaltensreflexion war fällig, da ich die Gruppe verlassen hatte. Das heißt ich habe „vermieden“ und nicht abgewartet und erleben können, dass mir in der Gruppe nichts passieren kann.

Im Anschluss ging es an meinen Spiegel. Schauen sie in den Spiegel. Schauen sie sich selbst in die Augen. Was sehen sie da? Es war schrecklich und alles in mir weigerte sich mich selbst anzuschauen. Eine für mich endlose Zeit, immer wieder mit der Aufforderung, verging bis ich es endlich schaffte. Nun sagen sie zu sich selbst, mit Blick in ihr Gesicht, ich bin einzigartig, ich bin gut wie ich bin. Na, das war erst ein Ding. Ich hatte heftig Mühe es hinzubekommen. Nun lächeln sie sich dabei an. Grr. Eine Grimasse war alles was mir gelang. Da fragte sie mich: wo ist ihr jeg er unik? Da musste ich lächeln und sagte im Laptop.

Nun wiederholte ich eine für mich endlose Zeit: Jeg er unik. Ich bin einzigartig. Irgendwann kam der Punkt als ich dann nachdrücklich zu mir selbst in den Spiegel sagte: Ich bin einzigartig. Ich will so sein wie ich bin!!! Damit war die Übung und die Therapiezeit beendet.

Hausaufgaben heute, Vertrag fertig stellen, Verhaltensreflexion schreiben und 3x täglich diese Spiegelübung durchführen. Ich fühlte mich gut, als ich die Therapie verließ.

 

Am Nachmittag war heute noch Ergotherapie, die ich freudig aufsuchte. Meine Beutel mit all meinen Utensilien dabei. Ich bastelte meinen Weihnachtsbaumschmuck weiter. Auch die Löcher in das Treibholz bohrte ich wieder selber. Dabei bekam ich von einem anderen Patienten Hilfe. Er hielt die Treibhölzer fest, damit sie nicht verrutschten.

 

Am Abend nun machte ich den Vertrag fertig, schrieb meine erste Reflexion und fiel müde in mein Bett.


Klinik-Tagebuch 17.01.2019

Nach einer blöde Nacht begann heute der Therapietag mit Psychoedukation. Thema heute: Glaubenssätze – welche haben wir? - wo kommen sie her? - warum sind sie so hartnäckig?. Unsere negativen Glaubenssätze waren schnell gesammelt. In der Runde woher sie kommen und was sie geprägt hat, sagte ich „Gewalt“. Danach musste ich raus. Ein heftiger Flashback rammte mich. Im Flur dauerte es eine Weile bis ich überhaupt mit der Regulation beginnen konnte. Aber die Tierkette half mir wieder und so konnte ich dann wieder in die Gruppe gehen. Ich habe die Stunde bis zum Schluss geschafft.

 

Im Anschluss daran hatte ich zum ersten mal die Therapiestunde – Vertragsgruppe. Bunt durcheinander gewürfelt Patienten aus verschiedenen Gruppen. Nicht gerade mein Traum, aber es musste sein. Mir machte es der Gedanke leichter, dass sie ja alle ihre Probleme hatten. Heute ging es um den Notfallkoffer. Selbst ich zeigt und erklärte was ich so mit mir trug. Nur eine Frage blieb mir. Ich habe sie aufgeschrieben, für meine nächste Einzeltherapie.

 

Am Nachmittag standen dann Imagination und Kunst-Einzeltherapie auf dem Plan. In der Imagination konnte ich diesmal mein „Bild“ aufrufen und die Ruhe annehmen. Das war sehr gut.

 

Irgendwie gestresst vom Tag und müde dazu, ging ich dann in die Kunst-Einzeltherapie.

Ein wunderbares Gespräch mit der Therapeutin zu meinen Glaubenssätzen bis hin zu „Ich bin doof“ erbrachte dann mein Bildthema. In jedem Menschen ist der Raum des Friedens. Jeder Mensch hat ihn und kann dort hingehen, wenn es im schlecht geht oder einfach so. Wenn sie „ich bin doof sagen“, was sagt ihr Herz zu ihnen?, fragte die Therapeutin. Mein Herz sagt leise, ich bin nicht doof. Aber da kommt immer jemand von hinten und widerspricht, doch du bist doof. Wenn sie den Raum noch nicht finden, dann malen sie vielleicht die Tür zum Raum. Ja, diese Tür war sofort in meinem Kopf. Es ist eine tolle Tür und sie ist sogar offen. So kann ich schon hineinsehen. Ich kann nicht sagen warum ich das Bild bzw. die Tür so gemalt habe. Aber ich habe es einfach so gemalt, mit einem warmen Gefühl im Herzen und innerem Frieden. Ich war völlig gefangen und wieder einmal völlig überrascht von mir selbst. Was da so in mir steckte.

Die Therapeutin fragte mich dann: glauben sie, dass ein doofer Mensch, so etwas malen kann, so etwas in sich hat? Meine deutliche Antwort, war NEIN. Mein Herz hämmerte, ich bin nicht doof. Nun habe ich eine weiter Übung. Jeden Tag mehrfach zu dieser Tür gehen und in den Raum schauen oder hinein gehen, um so „ich bin doof“ zu überschreiben. Mit dieser wunderbaren Stunde, mit diesem wunderbaren Gefühl der Weite, war mein Therapietag geschafft.


Klinik-Tagebuch 19./20.01.2019

Wochenende. Endlich. Ich bin so unendlich müde und kaputt. Nach dem Frühstück schlafe ich bis zum Mittagessen. Dann koche ich mir Kaffee und überlege wie ich die Sonne genießen kann, die heute vom blauen Himmel lacht. Ich bin zu müde für einen längeren Ausflug. Ich beschließe mir ein Stück Kuchen beim Bäcker zu kaufen und zu meinem Lieblingspavillon zu laufen. Richtig Lust habe ich nicht, aber bei dem Wetter im Zimmer zu hocken wäre einfach Sünde. 15 Minuten später sitze ich im Pavillon. Es ist ein wunderschöner Ort, mit Blick hinüber zur Elbe, über die Waldschlösschenbrücke und zur Silhouette der Altstadt.

So ein wenig kommt das Bild bei mir an. Die Sonne auf der Haut tut gut. Ich sitze eine Weile dort, trinke meinen Kaffee und esse meinen Kuchen. Dann entschließe ich mich, doch noch ein paar Schritte mehr zu machen. Ich laufe hinunter an die Elbe und auf der anderen Seite der Brücke wieder zurück. Ja, es war schön und doch bin ich so unheimlich kaputt, dass der Weg zur Klinik immer länger wird. Ich surfe noch ein wenig, spiele auf Facebook, schaue kurz in meine Gruppen und dann ist der Samstag auch schon vorbei.

 

Der Sonntag beginnt sehr langsam. Es ist furchtbar kalt, aber in meine Decke eingewickelt, ist meine Kaffeepause am Morgen gerettet. Danach wird nicht wirklich viel. Meine Gedanken fahren Achterbahn in Wut, Trauer und Gegenrede. Ich versuche noch eine Stunde zu schlafen, was mir nicht gelingt. Auch wenn ich nicht wirklich Lust habe, entschließe ich mich am Nachmittag mit Michael nach Altenberg zu fahren. Die Sonne strahlt vom blauen Himmel. In Altenberg liegt Schnee und wir bummeln eine Stunde lang umher. Die Rückfahrt dauert etwas länger, lach, da viele aus dem Schnee zurück nach Dresden wollen. Ein Nachmittag der sehr schön war und mich von meinen Gedanken abgelenkt hat. Noch ein wenig Faselbook und dann ruft mein Bett.


Klinik-Tagebuch 21.01.2019

Auf meinem Therapieplan steht heute: Frühstück, Themenzentrierte Gruppe, Visite, Mittagessen, Kunst-Einzeltherapie, Abendbrot.

 

Die Themenzentrierte Gruppe war heute nicht mit einem schweren Thema belegt, da es 2 Abschiede gab. Das heißt es darf jedes Gruppenmitglied ein paar Worte zu der Person sagen und auf einem Wunschbild des Betreffenden etwas malen. Auch solche Runden sind anstrengend für mich, doch heute gelang es mir, bei mir selbst zu bleiben, auch wenn es im Außen sehr emotional zuging. Es wurde heute jedoch nur ein Bild gemalt, da der andere Abreisende selbst Fotos (hinten drauf mit Zitat) verschenkte. Für das Bild wählte ich ein Gänseblümchen aus – klein aber kraftvoll und mutig. Die Fotos waren allen wundervoll. Jeder von uns durfte sich 2 Fotos auswählen. Ich wählte beide male, die Skyline von Dresden – im warmen Licht der Sonne – mit Blick vom Elbufer über die Carolabrücke hinweg, aus. Meine Zitate freute ich mich. 1. „Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen sind alle gleich“. 2. „Wenn du ganz unten bist, führt der einzige Weg nach oben.“ Ich bin dankbar, dass ich beide als Menschen kennenlernen durfte.

 

Am Nachmittag hatte ich Kunst-Einzeltherapie. Ich war schon sehr gespannt darauf, wohin es mich heute treiben würde. Ich erzählte von dem Erlebnis am Strand, wie ich auf einem Stein saß und den Kieselsteinen zuhörte und meine Beine ganz ruhig waren, ich ganz bei mir war. Sie lies mich in diese Erinnerung hineingehen, ganz tief. Es funktionierte. Ich konnte die Augen schließen, in mich hineinspüren und mich erinnern. Ja, in meinen Gedanken und Gefühlen war ich dort, ich saß auf diesem Stein. „Das ist hinter ihrer Tür, die sie letztens gemalt haben. Das ist ihr Raum des inneren Friedens. Malen sie ihn“. Die Erinnerung war ganz nah bei mir. Es war so leicht, es zu malen, mit all meinen Erinnerungen, bis ins Detail. „Setzen sie einen Anker, damit sie diesen Ort, immer und überall aufrufen können“. „Nehmen sie Zeigefinger und Daumen aufeinander und sagen sie …“. Ich wählte „ICH BIN“ aus. „Dann rufen sie diese Erinnerung auf.“ Es funktionierte auf Anhieb. Ich war sehr erfreut darüber. „Hier habe ich noch etwas für sie, zur Verstärkung. Ein Stein, der nicht sehr schön ist, aber es ist ein Stück Donnerkeil im Verbund mit einem Hühnergott.“ Da war meine Freude riesig. Dieser kleine Stein war und ist wunderschön für mich. So war die Therapiestunde auch schon wieder vorbei und ich hatte eine Imagination, die ich konnte.

 

Völlig aufgelöst, dankbar und fröhlich entschloss ich mich, für diesen Tag zu belohnen. Ich wollte in die Neustadt fahren, dort bummeln, einen Friseur suchen und ein Eis essen. Es war bestes Wetter für mein Vorhaben. Die Bahnfahrt kostete mir Kraft und Nerven. Vier Stationen und ich war froh, als die Bahn verlassen konnte. Ich regulierte mich beim bummeln, fand keinen Friseur und bemerkte, dass es mich nur anstrengte. Ich beschloss mir ein Eis auf die Hand zu holen und zurück zur Bahn zu gehen. Auf dem Weg zur Bahn, entdeckte ich einen Strandkorb im Sonnenlicht. Na super. Ich setzte mich hinein, genoß die Sonne und schleckerte mein Eis. Wunderbar. Dann ging ich langsam und angestrengt zur Bahn und fuhr zurück. Als ich ausstieg, viel mir das Sonnenlicht über der Elbe, dass die untergehende Sonne golden in das Wasser zeichnete sofort auf. Ich ging zum Pavillon und setzte mich, schaute der Sonne dabei zu wie sie langsam hinter der Frauenkirche den Tag beendete. Ein wunderbarer Anblick. Ein Geschenk des Tages, welches ich dankbar annahm. JA! ICH BIN! JA! ICH BIN EINZIGARTIG!


Klinik-Tagebuch 22.01.2019

Heute stand auf meinem Therapieplan: Frühstück, Einzeltherapie, Mittagessen, Kunst-Gruppentherapie, Abendbrot.

 

Die Einzeltherapie war heute „einfach“. Heute musst ich allein versuchen, den „ICH-BIN-Anker“ und die EMDR-Übung einzusetzen, um meine Beine ruhig zu stellen. Und ja, es hat funktioniert. Ich hatte so viel zu berichten, von all meinen positiven Erlebnissen und Gefühlen, von der Körpertherapie, der Kunst-Einzeltherapie und der Visite. Die Zeit flog davon. Nein, ich möchte nicht auf meine Beine schauen. Es ist mir wichtiger, diese Ruhe und Leichtigkeit zu spüren. Die möchte ich haben (und ja der schöne Nebeneffekt ist, meine Beine sind dann ruhig). Ich bin jetzt mehr bei MIR, viel mehr ICH.

Ich bemerke gerade sehr bewusst, dass auch der Augenkontakt mir gut tut. Ja, ich schaue wieder in Augen und nein, ich sehe nichts negatives. Das alles ist gerade sehr viel für mich. Es öffnet sich so unheimlich viel. Es ist alles noch so unwirklich, aber ich erlebe es. Dann sprechen wir noch über Wut und Aggression, die auch in mir sind. Nein, im Außen ist derzeit niemand, der sie auslöst. Ich möchte auch nicht wütend oder aggressiv sein. Hm? Das bringt mir eine Hausaufgabe ein – Warum ist Wut auch ein wichtiges Gefühl? Hm? Am Ende der Therapiestunde „ärgert“ mich meine Therapeutin noch ein wenig. Wir sehen uns an und sie macht eine Mimikbewegung, die mich sofort erschreckt. Grrr, lach. JA, wir müssen es noch üben. Trotzdem, ich bin so gut. Mir geht es gut!

 

Am Nachmittag ist Kunst-Gruppentherapie, mit dem Thema – Gruppenarbeit – Resonazblider. Jeder malt ein Bild. Dann folgt eine kurze Erklärungsrunde zum eigenen Bild. Danach sucht sich jeder ein Bild aus, zu dem er wiederum seine Eingebungen malt. Mein Thema ist derzeit MEIN ICH und AUGENKONTAKT. Also malte ich mich selbst, insbesondere die Augen. Augen die wieder in Kontakt gehen, Augen die wieder sehen, die positive Erfahrungen sammeln – sehend. Mein zweites Bild, als Antwort auf ein anderes Bild, wurde eine Sand-Pendel im Raum der Ruhe. Erst in der Auswertungsrunde bemerkte ich, dass dieser Raum der Ruhe ja mein Thema war. Es ist erstaunlich, was einzelne Bilder, bei einem anderen auslösen können. Ich war beeindruckt und überrascht.

 

Ein kurzer Spaziergang, Tagebuch schreiben, Positivreflexion schreiben und Onkel Google fragen nach der Wut und schon war mein Tag vorbei. Mein 2. Tag ohne Selbstabwertung. Nein!Vor dem zu Bett gehen, wollte ich meine Anker-Imagination üben und danach die Spiegelübung machen. Also Daumen und Zeigefinger übereinander und ICH BIN sagen. Mein Kopf sprach aber, ICH BIN DOOF. Auch bei mehrfachen Versuchen gelang es mir nicht, das Doof zu vermeiden. Es hämmerte auf mich ein. Damit war die Spiegelübung natürlich auch unmöglich, da ich mich dort sofort nieder machte. Schlafen, morgen ist auch noch ein Tag.


Klinik-Tagebuch 23.01.2019

Auf meinem Therapieplan stand heute: Frühstück, Themenzentrierte Gruppentherapie, KK-Einzeltherapie, Mittagessen, Ergotherapie, Abendbrot.

 

Der Morgen begann wie der Abend aufgehört hatte. Weder die Imagination, noch die Spiegelübung funktionierten. Mein Frustpegel stieg und meine selbstverletzenden Worte nahmen an Intensität noch zu.

 

Wie in der Einzeltherapie besprochen, gab ich heute in der Themenzentrierten Gruppentherapie mein Thema (Wut und Aggression – Außenwahrnehmung) in die Gruppe. Es wurde gewählt. Das hieß für mich, die Einführung zu machen. Ich erzählte von meinem verlorenem Anker, von den Selbstabwertungen …

Es blieben zwei Fragen: 1. Wer kennt sowas auch? 2. Wirke ich nach Außen auch wütend?

Es wurde eine anstrengende Runde, aber ich konnte bis zum Schluss dabei bleiben und am Ende der Stunde ging es mir besser. Natürlich kennen diese selbstschädigende Wut fast alle, alle haben unterschiedliche Erfahrungen und unterschiedliche Weg für sich. Nein, ich wirke nicht wütend nach außen. Aber! Ich wirke sehr ängstlich, unsicher und abweisend – auch kindlich (hohe Stimme, Körperhaltung). Ja, es tat weh zu hören was gesprochen wurde, doch es waren ehrliche Aussagen. Ich kann sie annehmen und ich kann versuchen es zu ändern. Die Arbeit am inneren Kind wird immer deutlicher notwendig.

 

Im Kurzkontakt mit meiner Therapeutin war das natürlich Thema. Nach dem ich von der Themenzentrierten Gruppentherapie berichtet hatte, von meinem verlorenem Anker musste ich die Spiegelübung machen. Das hat mich alle Kraft gekostet. Ich liebe mich, wollte mir nicht über die Lippen. Zumindest, ich möchte mich lieben, ich möchte mich nicht selbst schädigen und solche ähnlichen Sätze kamen heraus. Aber anlachen war nicht drin.

 

Ein Kurzgespräch mit meiner Kunsttherapeutin lies mich wieder einen Anker finden. Um doof auszuschalten, setze ich nun den Satz selbst ein Ende: Ich bin Ich! Vielleicht war es für das Doof wirklich zu einfach, an mich heran zu kommen, weil - Ich bin - ein unvollständiger Satz ist und ganz leicht doof angeschlossen werden kann. Keine Ahnung. Ich bin Ich, funktioniert. Freu. Mir selbst in die Augen zu schauen, ist hart für mich.

 

Am Nachmittag in der Ergotherapie konnte ich mich wieder etwas beruhigen. Ich baute ich heute meine erste Treibholzstadt. Am Ende der Stunde war ich ruhiger und zufrieden.

Danach erfüllte ich mein Hausaufgaben, eine Verhaltensreflexion und eine Positivreflexion schreiben, IchBinIch üben und die Spiegelübung. Der Tag ist geschafft. Morgen ist ein neuer Tag.


Klinik-Tagebuch 24.01.2019

Ein Tag vollgepackt bis zum Abendbrot. Auf meinem Therapieplan steht: Frühstück, Psychoedukation, Vertragsgruppe, vorgezogenes Mittagessen, Einzeltherapie, Sport und Gruppenfreizeit.

 

In der Psychoedukation geht es um Möglichkeiten der Traumatherapie von der Stabilisierung bis zur Konfrontation und die unterschiedlichen Konfrontationsmöglichkeiten mit EMDR, IRRT … Nach der Stunde habe ich den Eindruck ich bin noch meilenweit von der Traumabehandlung entfernt.

 

Kurze Zeit später sitze ich in der Therapiestunde für Patienten mit Vertrag. Hier ist das Thema: „Wiedergutmachung“, nach einem Vertragsbruch. Es sind ganz unterschiedliche Dinge die hier greifen, von Imagination bis Pflaster oder Salbe.

 

Das Mittagessen in der anderen Gruppe bringe ich einfach nur schnell hinter mich.

Die Einzeltherapie ist wieder sehr hartes Brot. Sie freuen sich, dass sie mit 50% Anspannungspegel keine Regulation benötigen, finden es gut.“ Ja, das finde ich toll. „Das reicht aber nicht. Bei 50% ist Regulation notwendig und sie sollten es immer und immer wieder tun. „Sie werden die Klinik mit ruhigen Beinen verlassen.“ Ich lasse es so stehen, denn noch erscheint mir das völlig unmöglich. Auch die Regulation kostet mich Kraft und ich kann nur eins, mich regulieren oder zuhören. Ich müsste ja, dementsprechend nur regulieren. Ich glaube ich bin damit völlig überfordert.

Dann sprechen wir über Wertungen. Es gibt immer wieder Richtig und Falsch. Entweder ich mache etwas richtig oder falsch. Doch dazwischen gibt es auch noch viele andere Ergebnisse. Handlungen brauchen keine Wertung! Es sind meine Handlungen, Punkt. Ich mache etwas wie ich es kann. Punkt. Ich muss die Rolle der Therapeutin übernehmen und mit mir selbst sprechen. „Frau Pfennig, es geht nicht um richtig oder falsch. Es geht um loslassen und ICH sein.“ Das ist für mich sehr hart. Ich bin sehr traurig, wie schlimm ich mit mir selbst umgehe und wie schlimm ich mich beständig bewerte.

Es geht auch wieder um „das darf man nicht“ - „das macht man nicht“: „Lassen sie es raus. Sein sie doch mal locker. Haben sie schon einmal geboxt?“ Sofort sage ich: Nein und da will ich auch nicht hin!!!! „Dann machen wir es gerade darum!“ Nein ich will das nicht. Haben sie ein schönes Wochenende, wir sprechen noch mal darüber.

 

In der Sporttherapie quäle ich mich eine halbe Stunde auf dem Fahrrad, dann reicht es mir.

Ich bin so fertig. Ich schlafe eine Stunde um dann zur Gruppenaktivität zu gehen. Meine 3 Bilderrahmen unter dem Arm, kam ich dann pünktlich im Ergotherapieraum an. Es wurde eine schöne Stunde. Es entstanden 3 sehr unterschiedliche Farbbilder aus Papier, Pappe und Krepppapier. Nun sieht unser Gruppentherapieraum ordentlich und ruhig aus. Jetzt ist es ein Raum, in dem man sich wohl fühlen kann und nicht ein Raum in dem an den Wänden irgendwas rumbammelt.

 

Danach ist Abendbrot. Der Tag ist vorbei. Ich kann weder schreiben, noch spielen. Müde falle ich nur noch ins Bett. Ein Glück ist morgen Freitag.


Klinik-Tagebuch 25.01.2019

Ich stehe mit Blei an den Füßen auf. Auf meinem Therapieplan steht: Wochenausklang, Körpertherapie-Gruppe, Fertigkeitentraining, Mittagessen und Abendbrot.

 

Der Wochenausklang dauert nicht lange. Ich glaube, viele von uns, sind wie ich einfach nur kaputt. Positiv diese Woche war mein Anker und die Gruppenfreizeit. Für das Wochenende habe ich NICHTS geplant. Ausruhen und meine Hausaufgaben üben. Fertig.

 

In der Körpertherapie-Gruppe war heute das Thema: Hoffnung und Zielverfolgung. Erfreut traf ich Tranquilla Trampeltreu wieder. Eine Geschichte von Michael Ende, die ich Weihnachten 2016 in der Klinik zum 1. mal gehört hatte. Sie ist wunderschön.

 

Eine Kaffeepause und schon war Fertigkeitentraining. Heute mit dem Thema: Die vier Säulen des Selbstwertes. Selbstakzeptanz, Selbstvertrauen, Sozialkompetenz und soziales Netz. Wieder wurde mir bewusst, wie viele Löcher mein Selbstwerthaus hat. Auch wenn 50% aus mir heraus und 50% aus dem sozialen Netzwerk heraus kommen. Gruselig, wie weit ich vom Selbstwert entfernt bin. Das tut sehr weh.

 

Wenig später ist Mittagessen dran. Danach falle ich ins Bett. Kaputt, müde, antriebslos, ohne Freude, ohne Sinn versuche ich zu schlafen. Gedanken kreisen und fahren Achterbahn, ich kann sie weder verfolgen, noch festhalten. Dann klingelt das Telefon. Michael ist da, mit einem neuen Tulpenstrauß. Wir gehen eine Runde um den Block. Dann ist Abendbrotzeit. Danach wurschtel ich noch vor mich hin, sinnlos. Ich bin müde, kaputt und emotionslos. Am liebsten würde ich aufgeben und nach Hause gehen. Oder doch nicht? Oder doch? Gute Nacht.


Klinik-Tagebuch 26./27.01.2019

Mühsam quäle ich mich heute zum Samstag aus meinem Bett. Ich bin froh, dass in der Raucherecke heute niemand ist und ich meine Ruhe habe. Da Schnee gefallen ist, laufe ich ein Herz in den Schnee und baue einen kleinen Schneemann. Ja, es war gut. … Nach dem Frühstück versuche ich wieder zu schlafen, aber es gelingt mir nicht wirklich. Meine Gedanken machen was sie wollen und wieder kann ich ihnen weder folgen noch sie festhalten. Ich fühle mich unendlich kraftlos und müde. Der Ballast auf meinen Schultern erdrückt mich. Ich bin so froh, dass es morgen noch einmal 24 Stunden NICHTS gibt.

Ja, der Sonntag war noch einmal 24 Stunde nichtviel. Am Abend klappten wenigstens meine Entspannungsübungen. Ich war nur müde und kaputt.


Klinik-Tagebuch 28.01.2019

Auf meinem Therapieplan stand: Frühstück, Themenzentrierte Gruppentherapie, Mittagessen, Kunst-Einzeltherapie, Einzelpsychotherapie, Dramatherapie, Abendbrot.

 

In der Themenzentrierten Gruppentherapie war heute das Thema: Wie sage ich erfolgreich STOP? Eine Situation im Geschäft wurde über ein Rollenspiel dargestellt. Ein Kunde möchte ein Schlagzeug kaufen. Der Verkäufer redet und redet und redet über Gott und die Welt, kann aber keine Ausführungen zum Schlagzeug machen. Wiederholte Fragen werden kaum beantwortet. Er redet und redet. Trotzdem kauft der Kunde genervt das Schlagzeug. Keine Chance den Verkäufer zu bremsen. Obwohl es nur ein Rollenspiel war, konnte ich die Situation nur sehr schwer aushalten. Nein, ich hätte es nicht ausgehalten und wäre in einen anderen Laden gegangen. Ich hatte Mühe der Handlung überhaupt zu folgen und war beständig am regulieren. Es wurde nach dem Spiel nachgefragt: Körperhaltung, Mimik und Gestik, Stimme und Wahrnehmung des anderen. Danach wurde das Rollenspiel wiederholt, mit einer Veränderung. Es gab eine intensivierte Nachfrage des Kunden – ohne Reaktion des Verkäufers. Wenig später erfolgte noch eine Nachfrage, die sehr nachdrücklich, laut und frustriert war. Der Verkäufer war sprachlos. Wieder wurden dann unsere Wahrnehmungen ausgetauscht. Ich war sehr erschrocken bei der lauten Forderung und im Spiel nur auf der Flucht.

 

In der Kunst-Einzeltherapie war wieder mein Thema – Ich bin ich – dran. Ich erzählte wie da immer jemand in mir sprach: ich bin doof, du kannst es doch nicht richtig … Das dieser Mensch sehr mächtig ist, in meinen Gedanken. Überlegungen diesen Menschen auf den Mars zu senden, waren für mich nicht wirklich annehmbar. In mir kam der Gedanke auf, ihn zu beerdigen. Er ist tot, doch ich war bei seiner Beerdigung nicht dabei. So wie bei weiteren Beerdigungen, die ich nur über den Erbschein erfuhr. Ich weiß nicht wie, aber dann war da meine eigene Beerdigung, als ich zum ersten mal im Leben mit dem Tod konfrontiert wurde und niemand da war, der mir half. Irgendwie kam dann mein Wunsch auf Gänseblümchen zu malen. Sie waren klein und stark und wunderschön. Vielleicht malen sie wo sie wohnen möchten und Gänseblümchen im Blumenkasten …. Ich malte einen Strand, einen wunderschönen Leuchtturm der an seinem Fenster einen Blumenkasten Gänseblümchen hatte und einen kleinen Garten wo Gänseblümchen wuchsen. Ein großer Anker war auch da. Ja, als ich fertig war, war ich ruhig und zufrieden. Dankbar.

 

Meine Einzeltherapie war wieder voll. Zuerst musste ich meine Beine wieder zur Ruhe bringen. Das gelang schnell, da ich die Ruhe der Kunsttherapie noch in mir hatte. Danach besprachen wir, ob es eventuell besser wäre, meinen Aufenthalt zu verkürzen, da ich am Limit bin, nicht viel Neues hinzu genommen werden kann und ich viele Übungen habe, die ich zu Hause intensiv üben kann, um dann früher, zu einem weiteren Aufenthalt in die Klinik zu kommen. Derzeit ist das für mich keine gute Option, weil es mir wieder sagen würde – ich habe es nicht geschafft. Darüber hinaus kann ich mein Gruppen-Dasein nicht festigen. Wir einigten uns etwas Zeit vergehen zu lassen und dann noch einmal zu überlegen.

Ich war froh, dass meine wortlose Spiegelübung ein guter Schritt war. Das musste ich mir allerdings selbst sagen. Dazu musste ich auf den Therapeutenstuhl wechsel, was mir nicht so gefiel. Ziel ist es aber mir im Spiegel positive Sätze zu sagen.

Dann war wieder meine Sitzhaltung Thema. Oder anders gesagt, meine völlig verspannte Sitzhaltung (korrekt). Ich versuchte mich leger bis fletzig hinzusetzen. Fletzig in der Gruppe sitzen, ist mir unmöglich. Für mich ist das respektlos gegenüber den anderen. Ich werde also üben mit übergeschlagenem Bein zu sitzen, um mehr Spannung abzugeben. Schwere Übung, für mich die korrekte Sitzhaltung im Kopf hat.

 

Endlich, heute nun war die erste Stunde Dramatherapie-Gruppe. Eine kleine Gruppe und alles saßen auf selbst gewählten Kissen, Stühlen, Bodenstühlen und ich auf einem Ball. Thema war Selbstwert. Wählen Sie hier im Raum einen Gegenstand, der für Sie eine positive Resonanz / Erinnerung weckt.

Ich wähle eine Muschel. 

Welche qualitativ gute Eigenschaft kennen sie schon lange an sich? Wählen Sie eine Anzahl 1-3 Rückmeldungen aus der Gruppe zu ihrem Gegenstand. 

Muschel – Sensibilität meine Wahrnehmung dazu

Rückmeldungen – du hast einen feinen Blick für das Besondere, welches du auch findest.

Meine Erkenntnis dieser Runde: Sensibilität ist nicht negativ behaftet. Sie ist positiv!

Wählen Sie hier im Raum einen Gegenstand, den Sie noch nie gesehen haben.

Ich wähle eine Papierblumentopf mit grüner Papierblume.

Welche gute Veränderung erleben Sie derzeit?

Der Papierblumentopf ist nicht sehr hübsch (meine Wahrnehmung). Meine Erkenntnis daher: Ich bin auf dem Weg zu meinem ICH – Mich anzunehmen wie ich bin.

Immer wieder bin ich überrascht was eine Stunde Dramatherapie erreichen kann, öffnen kann. Was verschiedene Gegenstände für Resonanzen hervorbringen und durch Veränderungen wieder ganz andere Sinnbilder ergeben. Ich bin sehr dankbar dafür.

Michael ist überraschend früh da. Wir gehen eine Runde um die Blöcke und tauschen neue Nachrichten aus. Oh menne und es gibt eine Nachricht, die ist so wunderbar und ich hoffe sehr jetzt geht alles gut. Auch Andre geht es gut und sein selbstgetöpferter Engel ist nun bei mir. Ein richtig lustiger Geselle mit vielen Gänseblümchen am Kleid und einem großen roten Herz. Ich liebe diesen verrückten Engel und ja, anders könnte er nicht sein. Er ist der Engel von meinem Sohn. Ach übrigens hat er goldene!!! Flügel. Ein langer anstrengender Tag geht zu Ende. Ich bin sehr zufrieden mit mir und dem Tag.


Klinik-Tagebuch 29.01.2019

Ich hatte eine furchtbare Nacht. Das Bild (Beerdigung meiner Tochter, Loch mit Sarg) kam wieder hoch. Deutlich in einem Gesamtbild. Dazu gesellte sich mein bekannter Traum – die Todesnacht. Es gab nur einen Unterschied. Mein Blick aus dem Fenster ging nicht zur Straße und Laterne sondern auf meinen Bruder, der mit der Pistole am Kopf dastand.

 

Völlig überdreht und neben mir schaffte ich es bis in die Einzelpsychotherapie, die zum Glück heute zeitig war. Dort erzählte ich davon und es geschah ein Wunder. Ich musste weinen, tief aus dem Herzen heraus. Gefühle wie Trauer, Verzweiflung, Wut, Hilflosigkeit … gesellten sich dazu und doch wurde es leichter. Meine Tränen liefen. Dafür war ich dankbar. Nein ich musste nicht diesen höllischen Schmerz aushalten, der immer da war, wenn die Tränen nicht da waren. Meine Tränen liefen. Sie liefen durch den ganzen Körper und es war als würden sie meinen Marmorstein der Anspannung auflösen und herausschwemmen. Es kam ein mehrwürdige Ruhe und Stillen in meinen Körper. Ich konnte in dieser Stunde alles erzählen, alles fragen, alles von mir weisen und einfach ICH sein, weinen. So hart diese Bilder waren, doch ich kam irgendwie bei mir an. Die Therapie brachte mich einigermaßen in die Handlungsfähigkeit. Ich hatte den Auftrag, einen Kontroll-Pflegetermin für den Abend zu machen und am Nachmittag mein Ritual zu erledigen. Irgendwie verging die Zeit.

 

Dann war Kunsttherapie-Gruppe, in der ich zu Beginn Mühe hatte, da zu sein. Dann konnte ich endlich malen. Ich malte zu einer Karte „Sixtinische Madonna“, ein Bild. Die Karte war im Himmel in einem Herz. In den Wolken schwebten Sterne und ein ganz besonderer Stern (auf dem meine Tochter spielt). Darunter malte ich ein Auge, das weint und Tränen die einen Stein zerbröseln. Ich konnte die Ruhe aufnehmen. Ich war zufrieden und ruhig.

 

So konnte ich mich ohne Bedenken auf den Weg in die Stadt machen. Selbst die Straßenbahnfahrt ging heute wie von allein. Ich ging in die katholische Hofkirche, zündete eine Kerze an und saß eine Weile dort und unterhielt mich mit Maria und meinem Kind. Später hörte ich eine Frau leise singen. Wunderbar. Es war als hätte mir die Kirche asyl gewährt und der Himmel öffnete sich und die Engel sangen. Ich konnte gar nicht glauben, was ich gerade erlebt und gefühlt hatte. Wahnsinn.

Irgendwann verließ ich die Kirche um in der Münzgasse noch eine Kaffeezeit zu verbringen. Müde aber glücklich über die Zeit mit meiner Tochter fiel ich nur noch ins Bett.


Klinik-Tagebuch 30.01.2019

Keine ruhige Nacht. Ich war immer wieder wach. 2 Bilder verfolgen mich, doch so richtig Gedanken fassen kann ich auch nicht. Müde stehe ich am Morgen auf. Die innere Ruhe ist noch immer da. Ganz unwirklich. Es ist totenstill in mir. Ich weiß nicht, ob ich jemals so ruhig im Leben war. Wenn, dann ist es ewig und Jahrzehnte her. Meine Beine wackeln noch, wenn sie nebeneinander stehen. Doch sobald ich sie kreuze, sind sie still, einfach so. So wirklich kann ich es nicht verstehen, doch es ist ein wunderbares Gefühl, diese Stille in mir.

 

Heute war Themenzentrierte Gruppentherapie. Das Thema habe ich schon vergessen. Ich habe sie ohne irgendwelche Störungen, mit innerer Ruhe und Stille bewältigt. Unglaublich, aber wirklich war.

 

Meine Einzelpsychotherapie war heute eine Vertretungsstunde. Es ging nur darum, wie ich den gestrigen Tag, verbracht hatte. Ob ich mein Ritual ausgeführt hatte, wie es mir damit ergangen war und wie ich da bin. Es war erleichtern noch einmal davon zu erzählen und zu erzählen wie still es derzeit in mir ist. Ich erzählte auch davon, dass ich mir in der Themenzentrierten Gruppentherapie einen neuen Skill für meine Finger-Regulierung gesucht hatte. Die Eichelschale war nicht mehr richtig, sie tat mir weh. Ich hatte mein Herz genommen, doch es ist für dauerhaften Gebrauch zu groß. Die Therapeutin gab mir den Tip, ein ähnliches Herz zu finden, in den Kunsthofpassagen.

 

In der Ergotherapie fand ich heute keinen Faden. Mein Treibholz wollte nicht so wie ich. Irgendwie funktionierte es nicht so wie ich es mir vorstellte. Egal. Die Stunde war trotzdem gut. Danach machte ich mich auf den Weg in die Kunsthofpassagen. Ich machte Fotos und ging im Feng shui – Laden einen Stein-Freiheit und einen blauen Stein-Gelassenheit kaufen. Es hat mir sehr gut getan. Zufrieden und müde viel ich früh ins Bett.


Klinik-Tagebuch 31.01.2019

Wieder so eine unruhige Nacht. Ständig wach und diese 2 Bilder.

 

In der Psychoedukation war heute noch einmal Wut das Thema. Eine wunderbare Geschichte wurde vorgelesen, in der die Wut über sich selbst erzählt. Warum sie da ist und wozu sie dient. Eine gute Stunde, mit vielen Erkenntnissen.

 

In der Vertragsgruppe hatten wir auch ein gutes Thema – Regulationsmöglichkeiten – frühzeitiges Erkennen von Triggern und Hilfe annehmen. Mein Kopf funktioniert noch. Es war für mich eine Bestätigung, nichts Neues. Wunderbar.

 

Die Imagination-Gruppe hat wieder nicht funktioniert. Ich kann nicht träumen, auf Komando. Aber ich kann die Ruhe aufnehmen, alles gut. Sporttherapie quälte ich mich eine halbe Stunde. Das musste reichen.

 

Ein Tag der verging, einfach so. Noch immer habe ich die Ruhe und Stille in mir. Noch immer ist das Geschehen so unwirklich und fantastisch. Doch es ist Wahrheit, es ist geschehen. Ich habe es erlebt. Es gibt so viele Menschen hier, die es bemerken, die wissen wollen was los ist und warum meine Beine still sind, sich mit mir freuen. Ich bin dankbar, so dankbar und glaube, ich bin jetzt endlich bei mir selbst angekommen. Ich bin so unglaublich müde. Morgen ist ein neuer Tag.