Hilflosigkeit, ein Gefühl aus der Vergangenheit, beeinflusst mich bis heute. Ich bin nicht mehr hilflos. Ich kann verändern.

Das Gefühl der Hilflosigkeit gehört in die Vergangenheit

Ein Foto, dass für mich das Gefühl der Hilflosigkeit gut darstellt. Dieses Gefühl ist nicht gut zu beschreiben. Es nimmt mich ein, versetzt mich in Angst. Es ist schwer zwischen Angst und Hilflosigkeit zu unterscheiden, da beide Gefühle mit einander verwoben sind. 

"Hilflosigkeit macht uns klein, sie macht uns ohnmächtig, sie nimmt uns die Kontrolle und wir werden uns der Bodenlosigkeit der eigenen Existenz fühlbar bewusst. Sogar der Körper reagiert. Wir sind unfähig klar zu sehen und zu denken, wir können uns nicht mehr konzentrieren, alles verschwimmt zu einer unseligen Melange aus Kraftlosigkeit und innerer Unruhe. Das Herz rast, uns wird schwindelig, wir haben Magenschmerzen, die Muskeln sind permanent angespannt und im Kopf fühlt es sich an als seien alle Hirnwindungen in Watte gepackt. Eine bleierne Müdigkeit macht jede Bewegung zu einem Kraftakt. Der Focus verengt sich und wir nehmen nichts mehr wahr außer dem, wovor wir Angst haben."  A. Wende

Besser als Angelika Wende könnte ich es nicht beschreiben. Genau so ist der Zustand, der mich überfällt.

Dieses Gefühl der Hilflosigkeit, hat mich in der Vergangenheit geprägt. So tief geprägt, dass es wie ein Bumerang immer wieder in mein Jetzt einschlägt. So bin ich in kritischen Situationen oder bei Problemen stets erst einmal handlungsunfähig. Heute weiß ich, dass dieses Gefühl mich über Jahrzehnte beeinflusst hat und es anderen Menschen leicht gemacht hat, mich zu verletzen oder ihre Ansichten auf mich zu projektieren.  Diese Gefühl der Hilflosigkeit hat mich beeinträchtigt und verhindert, dass ich mich wehren konnte, obwohl ich längst nicht mehr hilflos war, aber eben doch war.

Der Blogartikel (siehe Link) hat mir heute wieder ein Stück Klarheit gebracht, einen Impuls gegeben der mir bewusst gemacht hat, warum ich gerade wieder so bin, wie ich bin.  

Die Hilflosigkeit aus der Vergangenheit

Ja, damals war ich hilflos. Ich war allein, fand keine Hilfe und die Angst vor der Rache des Mannes war, berechtigt, riesengroß. Frauenhäuser oder Anlaufstellen für Frauen in Not gab es nicht (so was gab es in der DDR nicht, Frauen ging es immer gut). Ich habe überlebt. 

Ich überlebte, ich lebte über viele Jahre hinweg. Das einzige was ich mir nie erklären konnte war, warum ich in bestimmten Situationen, bestimmten Menschen gegenüber oder bei Konflikten, stets so Handlungsunfähig war, stets diese absolute Panik (wie ich es nannte) hatte. Ich konnte mich nicht wirklich wehren. Hinterher, wenn alles vorbei war, vielen mir die Worte oder Handlungsweisen ein. Da war es zu spät. 

Durch diese Handlungsunfähigkeit mich zu wehren und die bestehende hohe Existenzangst, war ich für Mobbing und Bossing ein gutes Opfer. Es wurde gnadenlos ausgenutzt. Hatte ich eine Wahl? Nein, nicht wirklich. Ich verlor mich selbst völlig aus den Augen. DAMALS! Ich habe überlebt. 

Meine Hilflosigkeit im Jetzt

Das Gefühl der Hilflosigkeit und die damit verbundenen Angst beeinflussen mein Leben auch heute, nach Jahren der Therapie, sehr stark. Doch so ein Impuls, wie der von Angelika Wende und auch ich selbst (meine Gedanken, die aufgeschrieben werden) zeigen meine Entwicklung und geben mir das Bewusstsein zurück, dass ich in diesem Gefühl nicht mehr stecken bleibe. Ich finde wieder heraus, auch wenn es eine unbestimmte Zeit dauert. Es macht mir bewusst, dass ich jetzt doch handle, in dem ich mir Hilfe hole, Fragen kläre oder Gedanken ausspreche und manche Dinge auch einfordere. Heute wurde mir bewusst, dass ich ein gutes Stück voran gekommen bin, in meinem Leben mit Depression und Trauma. Dafür bin ich sehr dankbar.

Prostata-Diagnose wirft den Mantel der Hilflosigkeit auf mich

Die Prostata-Diagnose warf alle mein Wissen und meine Fortschritte über den Haufen. Das mein Mann auch mal krank werden würde, operiert werden würde und ja, dass er sterben würde, hatte ich über all die Jahre völlig  verdrängt. Jetzt bekam ich die Wirklichkeit, die normale Realität übergestülpt. Ich reagierte, in meiner Welt, völlig normal. Ich brach aus und das Gefühl der Hilflosigkeit übernahm die Macht. 

 

Hilflosigkeit, verbunden mit heftiger Angst, Angst vor der Zukunft, Angst meinen Mann zu verlieren, brachte diese Ohnmacht über mich, die Ohnmacht es nicht ändern zu können. Es gab diese Diagnose.

Ich viel in ein Loch der Dunkelheit und der Ohnmacht.  Alle Horrorvorstellungen vereinten sich in meinem Kopf. Mein Opferverhalten hatte die Macht übernommen. Dazu kam die Wut, die Wut auf mich selbst und auf diese unveränderbare Diagnose. Sie verband sich mit der Wut, die noch aus der Trauma-Behandlung da war. Sie verwehrte mir (richtiges) fotografieren und schreiben (Skillanwendungen). Das verstärkte meine Beeinträchtigungen noch, da alles was mich quälte, in meinem Kopf blieb und dort rotierte. Ohnmacht und Wut beherrschten mich.

 

Trotzdem sorgte ich irgendwie für mich. Ich forderte Handlungsweisen ein, ich informierte mich, gemeinsam fanden wir wenig invasive Diagnostikverfahren und vor allem begleitete ich meinen Mann zur Biopsie und zu den zwei folgenden Arztgesprächen. Diese waren es die mir Angst, aber auch Hoffnung gaben. Auch wenn die Diagnose und der Weg der Diagnostik meine Belastungsgrenzen völlig überschritten hat, war oder bin ich stark genug, um es zu überstehen. Allein zu überstehen (ohne Therapeutische Hilfe).

 

Je klarer die Diagnostik wurde, je deutlicher die gute Konstellation wurde, je mehr begann meine Psyche sich zu beruhigen. Nein, die Operation ist nicht zu verhindern. Ja, er wird überleben und sich nicht über Jahre in Chemotherapie quälen, um dann zu sterben wie mein Vater.

Er wird operiert und geheilt werden. Das lernte ich langsam zu akzeptieren, irgendwie. Wir werden den Krebs besiegen, ohne Chemo oder Bestrahlung und ohne wirklich heftige Einschnitte in das Leben. An dieser Hoffnung halte ich mich derzeit fest.

Licht am Horizont

Es gibt immer Lösungen. Solange wir leben. ...  Dann muss er schweren Herzens in Kauf nehmen, dass Lösungen nicht unbedingt den Königsweg bedeuten, sondern vielleicht erst einmal der kleine mit Dornen bewachsene Weg, den er beschreiten muss ...  Abstriche machen, kleine Brötchen backen, Verzicht üben und mit dem klar kommen was noch da ist. ..." (A. Wende)

Ich bin nicht mehr hilflos. Ich werde leben, mit meinem Mann!

Ich habe Angst. Mir ist kotzübel.