Meine Traumatherapie ist beendet. Am Schluss noch einmal reflektieren und einen Fragebogen ausfüllen.

Fragebogen zum Therapie-Ende

Welche Gedanken und Gefühle tauchen bei Ihnen im Allgemeinen auf, wenn es zu einem Beratungsende kommt. Wie erleben Sie das Ende unserer therapeutischen Beziehung?

 

Das Ende erlebe ich wie ein, allein gelassen werden. Es fühlt sich unvollendet an. Ich habe ein, für mich sehr heftiges Trauma bearbeitet, gut verarbeitet und ich kann endlich gute Bilder sehen. Ein anderes wurde dabei angerissen und es arbeitet unbearbeitet noch in mir. Die neuen Symptome (Angst im Rücken, Platzangst und Wut) sind noch immer da. Zum ersten Mal, kann ich ein Ende der Therapie nicht verstehen.

 

Was konnten Sie in der Therapie für sich lernen? Was war hilfreich für Sie?

Ich habe sehr viel über mich selbst lernen können und orten können wo meine Glaubensmuster, Verhaltensweisen geprägt wurden. In welcher Opferhaltung ich mich befinde und damit Verantwortung nicht übernehme, welche ich aber übernehmen kann. Ich kann wieder Menschen in die Augen schauen, einer Therapeutin wirklich vertrauen und Vertrauen zu lassen. Die Forderung nach Verantwortungsübernahme für mich selbst, hat mich verrückt gemacht und vorwärts gebracht. Hilfreich war die Klarheit von „Forderungen“, die Empathie, Mimik und Gestik und das unendliche Vertrauen meiner Therapeutin, in mich.

 

Welche Aspekte, bezogen auf sich selbst, sind ihnen jetzt stärker bewusst, als vor der Therapie?

Mir ist sehr bewusst, dass ich keine Verantwortung für mich selbst übernommen habe, dass ich sehr oft noch immer Opfer bin und mich hilflos fühle. Diese Erkenntnis war für mich hart und ich habe sehr spät begriffen, was Verantwortung für mich selbst bedeutet. Kindheits- und Trauma-Erlebnisse haben meine Glaubenssätze, Verhaltensweisen und Gefühle sehr stark geprägt. Ich trage sie mein ganzes Leben und damit auch bestimmte Verhaltensmuster, mit mir. Ich kann aber entgegen steuern. Ich bleibe nicht mehr so lange darin stecken. Ich kann sie durch fortwährendes üben, weiter positiv verändern.

 

Welche Fertigkeiten haben Sie lernen können, die Sie auch weiterhin in Ihrem Leben anwenden möchten?

Ich möchte Entscheidungen für MICH treffen. Nein sagen, wenn ich nein meine. Aussprechen was ich denke, zeitnah und ehrlich. Diskrimination, Reflektion, Skill-Anwendung werden weiterhin mein Leben bestimmen. Ich möchte Achtsamkeit und Selbstliebe üben. Glücksmomente beachten, Erfolge wahrnehmen und mir diese immer wieder in mein Jetzt holen, um nicht aufzugeben. Ich habe mich sehr gut selbst kennengelernt, in mich selbst schauen können. Dafür bin ich sehr dankbar.

 

Was mögen Sie an sich selbst? Wofür sind Sie dankbar im Leben?

Ich kann mich noch nicht mögen. Ich kann mich im Spiegel anschauen und sagen: ich bin ok.

Ich bin dankbar für meine Kinder, meinen Mann und unsere Patchworkfamilie, für die ehrliche Liebe die ich erhalte, für die schönen Erlebnisse, deren es viele gab und gibt. Ich bin dankbar, dass es mein Sohn geschafft hat, wieder besser im Leben zu stehen. Ich bin dankbar für die guten Menschen, die es in meinem Leben gab und gibt, für meine Freundinnen. Ich bin dankbar für die Hilfe, stationär und ambulant, die ich erhalten habe, um wieder Licht im Leben zu haben.

 

Wie empfanden Sie die Interaktion und Zusammenarbeit mit Ihrer Therapeutin?

Ich habe meiner Therapeutin vollstens vertraut. Mehr Worte braucht es, an dieser Stelle, nicht.

 

Was bedauern Sie im Hinblick auf die Therapie? Was hätten Sie anders haben wollen bzw. wie hätten Sie sich anders verhalten wollen?

Auch wenn ich schon Therapieerfahrungen hatte, hatte ich leider keine Ahnung wie Therapie geht. Ich hätte gern, zu Beginn der Trauma-Therapie erarbeitet, was es für eine gute Therapie braucht und ich selbst die Verantwortung für den Inhalt der Therapiestunden trage, damit ich nicht im Alltäglichen hängen bleibe, die Therapeutin nicht den Inhalt lenken muss, sondern meine spezifischen Trauma-Themen erarbeiten und verstehen kann. Für mich zu spät erarbeitet habe ich begriffen. Andererseits war es vielleicht auch erst an dieser Stelle möglich, zu begreifen.

Ich bedauere sehr, dass ich erst in den letzten Therapiestunden, vor dem stationären Aufenthalt, begriffen habe, was Vertrauen ist und was Verantwortung übernehmen bedeutet und wie notwendig beides, für eine erfolgreiche Therapie wie auch freudvolles Leben ist.

 

Welche Situationen, Gedanken oder Verhaltensweisen machen Sie empfänglich oder anfällig für Ihre Symptomatik? Wie können Sie in Zukunft besser damit umgehen?

Trigger bestimmen immer noch mein Leben. Selbstvertrauen, Selbstliebe, Selbstachtung sind sehr wenig ausgeprägt und anfällig. Gedanken zeitnah auszusprechen und meine Grenzen selbst zu beachten, zu achten und einzuhalten, fällt mir sehr schwer. Sie lassen mich immer wieder in eine negativ-Schleife fallen, in der ich Gelerntes vergesse bzw. nicht anwende. Oder anwende, ohne Erfolg. Die Angst, etwas falsch zu machen, falsche Gedanken zu haben oder zu versagen ist noch immer groß. Derzeit bin ich völlig überfordert mit der Prostatadiagnose meines Mannes. Sie nimmt mir die Kraft und den Lebensmut, lässt mich in alte Verhaltensmuster zurückfallen.

 

Was können Sie in Zukunft dafür tun, um die (eventuelle) Verbesserung der Symptomatik zu erhalten?

Ich habe es, mit der Trauma-Therapie geschafft wieder Licht, Aktivität und Gefühle in mein Leben zu lassen. An guten Tagen sind auch meine Beine still bzw. kann ich sie überreden still zu sein. Ist meine Belastung hoch, kann ich sie nicht still halten.

Ich bin weit gegangen, aber auch noch weit entfernt. Ich kann weiterhin mein Wissen abrufen, Skill-Anwendung beachten, mich erinnern an Gelerntes und dieses wiederholen. Ich bin nicht mehr hilflos und kann Verantwortung übernehmen für mich. Ich weiß, wie ich für mich sorgen muss!

 

Am Beginn meiner Trauma-Therapie hörte ich den Satz: die Depression ist vom Trauma gesteuert ..., sie können wieder gesund werden! Ich glaube nicht mehr daran, gesund zu werden und ich denke meine Therapeutin ist ebenfalls zu dieser Erkenntnis gekommen. Ich bin sehr gut voran gekommen, aber die Traumavielfalt ist zu hoch, um wirklich wieder in ein „normales“ Leben zu kommen.

Ich habe sehr viel Wissen, dass heißt aber nicht, dass ich dieses, beim mir selbst, sicher anwenden kann. Ich kann verändern und ich bleibe nicht mehr in der Opferrolle hängen, sondern schaffe es selbst wieder heraus, auch wenn es länger dauert. Das ist eben so.

 

Ich glaube, meine Therapeutin hat das Vertrauen in mich, dass ich jetzt besser leben kann und das entspricht auch meinen Gedanken. Gesund werden hat sie wohl aufgegeben. Wie ich. Es ist wie es ist. Es könnte viel schlechter sein. Ich habe viel erreicht. 

 

Ich bin dankbar, für die 3 Jahre der therapeutischen Begleitung (ambulant wie stationär) meiner Therapeutin. Dankbar für jede Stunde, für jede harte Auseinandersetzung, für jedes Lachen und vor allem dafür, dass sie mich nie aufgegeben hat, immer an mich geglaubt hat.

24.07.2019