Prostatakrebs & Trauma - Fluch & Chance. Meine Chance traumatische Erlebnisse zu verarbeiten.

Meine Chance traumatische Erlebnisse zu verarbeiten!

Ein Therapeutisches Gespräch hat mir in einem Nebensatz bewusst gemacht oder verdeutlicht, was Retraumatisierung ist. Was mir dabei hilft, so manche meiner Handlungsweisen und Reaktionen, für mich erklärbar zu machen. So kann ich verändern, für mich. Dafür bin ich überaus dankbar.

  • Traumatisierung aus der Kindheit
  • Traumatisierung im Leben mit meinem 1. Kind (Krankheit & Tod)
  • Retraumatisierung mit dem Ghosting-Erlebnis (2. Ehemann verschwand)
  • Retraumatisierung in den ersten Jahren mit meinem jetzigen Mann
  • Retraumatisierung während des Burnouts und der Reha meines jetzigen Mannes 

Es sind Trigger, Handlungen, Situationen und Glaubenssätze die mein Erleben und mein Handeln im Jetzt beeinflussen. Es ist kaum vermeidbar, dass in einer Ausnahmesituation, wie die der Prostata-Diagnose, meine Handlungsweisen und meine Emotionen davon geprägt sind. Es ist normal, dass Skills nicht ihre volle Wirkung entfalten. Kommen dann noch Trigger hinzu, wird das ganze noch verstärkt.

 

Ich habe erfahren, dass sich einige wichtige Dinge verändert haben, die mir in Herz und Seele gut tun. Aber auch, dass es Dinge gab, die eine weitere Retraumatisierung hätten bewirken können. Auch diese Dinge habe ich bewältigt!!! Ich habe überlebt. Ich selbst habe es geschafft. 

 

Jetzt - Meine Trigger aus der Vergangenheit

Ich fühlte und dachte wie damals, als ich mein Kind auf der Intensivstation lag. Als mein Kind starb.

  • Ich hatte riesige Angst, den einzigen Menschen den ich noch hatte, zu verlieren.
  • Ich hatte Angst verrückt zu werden.
  • Intensivstation bedeutet sterben, bedeutet Ärzte, bedeutet Not.
  • Ich fühlte mich hilflos der Situation ausgeliefert.
  • Ich wurde mit meiner Angst und Not, von der Familie, allein gelassen.
  • Ich fühlte mich allein, allein gelassen.
  • "Es gibt Schlimmere Diagnosen" ... ich hatte das Gefühl, in meiner Angst und meinen Gefühlen zu maßlos zu übertreiben.
  • Ich fühlte mich wertlos und ignoriert.
  • Irgendwie musste ich funktionieren. 
  • Ich bin ohnmächtig, ich kann nichts tun, mache es doch falsch.
  • Ich hatte niemanden der für mich da war, mich in den Arm nahm, der meine Not sah und mitfühlte.
  • Ich hatte niemanden der mir zuhörte, dem ich meine Not mitteilen konnte.
  • Ich fragte mich, warum es nicht mich getroffen hat. Warum den Menschen den ich liebte.
  • Ich hatte Glück nicht verdient.
  • Ich war ein Versager.

Jetzt - Meine positive Erfahrungen

Ich konnte erleben, dass

  • ich nicht hilflos und ausgeliefert bin. Ich kann fragen, um Hilfe bitten, mich selbst überzeugen.
  • es Menschen in meiner unmittelbaren Nähe gibt, die mitfühlen und mir helfen.
  • ich einen Menschen an meiner Seite habe, der zu mir steht, mit mir fühlt, mich versteht und 200% bei mir ist.
  • ich trotz Ausnahme-Not-Situation, meinen Suizidgedanken entgegen stehen konnte!
  • meine ausgesprochenen Gedanken und Emotionen positive Veränderungen bewirken.

Ich konnte erfahren:

  • Operation heißt nicht Tod. Heißt nicht Pflegefall auf Dauer.
  • Ich kann mich selbst regulieren, in der Not (Intensivstation) und mich ablenken. 
  • Ich kann einen Besuch auf der Intensivstation aushalten und bewältigen. Allein!
  • Ich kann den Anblick meines Mannes, inkl. Schläuche und Geräte ertragen. 
  • Meine Besuche im Krankenhaus mir alle Kraft nahmen, jedoch meinem Herz und meiner Seele gut taten.
  • Ich kann den Anblick meines Mannes, mit Katheter, Schlauch und Urin-Beutel aushalten. Der Anblick immer weniger beeinträchtigt, je mehr ich mich diesem aussetze.
  • Ich muss nicht alles können, dafür gibt es den Pflegedienst.
  • Ich kann meine Gedanken und Emotionen in Worte fassen. Ich kann für mich selbst sorgen.
  • Ich kann für mich Verantwortung übernehmen. Ich muss nicht jeden Tag ins Krankenhaus fahren. Ich spreche zeitnah aus, was ich denke.
  • Ich kann Verabredungen treffen, die mir die Situationen erleichtern, meine Angst mindern.
  • Ich kann um Hilfe bitten. Hilfe annehmen, ohne schlechtes Gewissen.
  • Ich kann durch allmähliche Auseinandersetzung mit der gegebenen Situation, Beeinträchtigungen vermindern.
  • Ich bin kein Versager! Ich leiste mit höchstem Kraft- und Willensaufwand, was ich kann.

Fazit - Prostatakrebs war Fluch und ist Chance für mich!

Es ist die tiefgreifendste Zeit, seit dem Tod meines Kind 1983, die ich erlebte und noch erlebe. Ich wünsche niemandem, so eine Erfahrung machen zu müssen, auch wenn sie,  in unserem Fall, ein Happy End hat. Es ist eine absolute Ausnahmesituation für jeden Menschen. Für Menschen mit Depression und PTBS ist es jedoch ungleich komplizierter. 

Ich hatte das große Glück, dass all meine Befürchtungen, meine Ängste und Nöte, nicht in Erfüllung gegangen sind. Sie war nicht unbegründet, doch mein Mann hat es sehr gut überstanden. Damit hatte ich die Chance positive Erfahrungen zu sammeln. Mich in einer Ausnahmesituation zu erleben. Zu erleben, dass ich es schaffe und dass so viele Dinge heute anders sind, als damals. 

Ich muss mich JETZT mit den Gedanken auseinander zu setzen, dass eine schwere Krankheit in der Zukunft nicht ausgeschlossen ist. Annehmen, dass wir jetzt in einem Alter sind, wo Krankheiten auftreten können. Vorsorge treffen und Informationen einholen, wo ich welche Hilfe erhalten kann. Ich bin nicht mehr unvorbereitet!