Prostatakrebs&Trauma - Fluch & Chance - Positive Veränderungen erleben.

Prostatakrebs & Trauma - Positive Veränderungen erleben

Es gibt viele Dinge, die erscheinen anderen Menschen unmöglich oder unglaublich. Und doch gibt es Menschen, wie mich, die durch traumatische Ereignisse, einfach erscheinende Dinge nicht können.

Ich kann es nicht.

Ich habe eine Ausnahmesituation erlebt und erlebe sie noch. Einige traumatische bedingten Erlebnisse und Beeinträchtigungen konnte ich positiv verändern.

 

Ich weiß nicht, ob mir jetzt alles bewusst ist, aber dass ist mir egal. Ich kann diesen Blog ergänzen, wann immer ich möchte. Heute fange ich an, davon zu erzählen wie ich es erlebt habe und wie es sich verändert hat.

Mein Besuch auf der Intensivstation triggerte meine Erinnerungen an die Intensivstation auf der mein erstes Kind sehr lange lag. Nur das Wort,  triggerte schon heftigst, den Gedanken an sterben und Tod. Es war für mich die ultimative Angst-Vision an sich.

Ich bin hingegangen und konnte erleben, dass Intensivstation nicht sterben bedeutet. Ich war nicht wirklich in der Lage, den Anblick meines Mannes mit all den Schläuchen, zu ertragen. Ich konnte es nicht. Doch ich musste es tun, damit meine Seele erfahren konnte, es ist alles gut, er hat überlebt, er lebt.

Es war für mich die Hölle und ich bin gestärkt aus ihr heraus gegangen. Ich habe es gemeistert. Allein! Ich denke ein nächster Besuch wird etwas besser verlaufen. Hoffe ich sehr.

 

Ich erlebte die Woche Krankenhausaufenthalt meines Mannes, als absolute Notsituation. All meine Kraft brauchte ich fürs überleben. Ich war allein. Mutterseelenallein gelassen von der Familie. Ohne meine unglaublichen Nachbarn hätte ich diese Woche, ganz sicher nicht, ohne Psychiatrie überstanden.

Ich habe meine Emotionen und Gedanken, zu meinen Erfahrungen in der Woche, nicht verborgen. Ich habe sie aufgeschrieben und unseren Kindern mitgeteilt, in der Hoffnung, dass wir es beim nächsten mal besser machen.

Ich habe meine Gedanken zeitnah ausgesprochen, damit habe ich für MICH gesorgt. Es hat eine positive Veränderung bewirkt. Dafür bin ich sehr dankbar.

 

Mein Mann hatte einen Harn-Katheder, dessen Ableitung am Bein hinunter zur Wade verlief, an der der Harnbeutel befestigt wurde. In der Nacht wurde ein großer Beutel, am Bett befestigt. Die Vorstellung, woher diese Ableitung kam, wie es da oben aussehen würde, war für mich eine Konfrontation. Schon eine kurze Berührung des Beutelanschlusses, wenn ich meinem Mann bei Schuhe anziehen half, ließ mich erschaudern.

Immer wieder schaute ich meinen Mann bewusst an. Schaute auf die Ableitung und den Harnbeutel.

Allmählich wurde es besser. In den letzten 2 Tagen, konnte ich meinen Mann anschauen, ohne dass mir schlecht wurde oder ich sofort dissoziierte.

 

Die riesige Narbe anzuschauen war ebenso einen immense Herausforderung, die ich kaum aushalten konnte. Die Bitte meines Mannes, diese mit Heilsalbe einzucremen und zu massieren, musste ich ausschlagen. Ich konnte es nicht und kann es noch nicht. Mit sehr viel Willen und Überwindung tropfte ich die Salbe auf die Narbe, damit er selbst sie einmassieren konnte. Jetzt übernimmt er allein.

Heute kann ich die Narbe bewusst anschauen. Ich mache es auch immer mal wieder. Den Anblick kann ich inzwischen gut ertragen.

Die Salbe einmassieren bringt mich, immer noch, an den Rand meiner Leistungsfähigkeit.

  

Mein Mann bekommt 30 Tage Thrombose-Spritzen, eine Aufgabe die normaler Weise Angehörige übernehmen können. Für mich ein absolutes NoGo. Es war schier unmöglich. Nur die Vorstellung, brachte mich um den Verstand. Selbst der Anblick der Spritze versetzt mich in Not. Es kommt ein Pflegedienst, der diese Aufgabe übernahm. Nichts besonderes? Weit gefehlt. Den Pflegedienst aushalten war ein Kraftakt und dabei sein unmöglich.

Heute kann ich mit dem Pflegedienst besser umgehen.

Ich kann die Tür öffnen und auch zwei Worte wechseln. Dann aber rotiert schon mein Magen, mein Kopf fängt an zu schwirren und ich verlasse den Raum. Spritze anfassen oder selbst spritzen ist noch immer völlig unmöglich. 

 

In den ersten Tagen, war meine Leistungsfähigkeit nicht wirklich hoch. Im Funktions- und Angst-Modus sprang ich sofort hoch, wenn auch nur ein ungewöhnliches Geräusch zu hören war. Die Schlafzimmertür musste geöffnet bleiben, damit ich ab und zu schauen konnte, dass er noch lebte. Natürlich konnte ich das nur kurze Zeit bewältigen, ich war vollkommen überfordert.

Wir trafen Vereinbarungen.

Mein Mann lernte seinen Hilfebedarf klar auszusprechen, nicht alles allein zu machen, bestimmte Dinge noch nicht zu tun. So kam langsam mehr Ruhe in unseren Alltag. Ich wusste, er würde sich melden. So wurde ich langsam ruhiger.

Ich lernte mit der Situation zu leben, ohne sofort Angst zu bekommen. Andererseits wurde mein Mann auch immer agiler.

 

Depression und PTBS passen nicht gut zu Prostatakrebs. Die Depression macht nicht einfach mal Pause und die PTBS macht alles kompliziert.

 

Dissoziationen sind jetzt häufig. Es ist als wenn ich unter der Last eines Tonnenschweren Rucksacks Höchstleistung erbringen will. Es funktioniert nicht. Meine Leistungsfähigkeit ist beschränkt! Ich schaffe es nicht all diese kleinen Alltagsaufgaben zu übernehmen und manche Tage geht nichts.

Mit der Zeit gelingt es besser.

Je mehr ich mit der Situation klar komme, mich nicht selbst unter Druck setze und mein Mann agiler wird, je mehr kann ich Alltagsaufgaben, jeden Tag ein oder zwei meistern und auch mal eine gemeinsame Stunde Spazieren oder Einkauf  ist möglich. 

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