Prostatakrebs & Trauma - Trigger, eine Begriffserklärung - 1. MEINE Trigger ausgelöst durch Worte

Meine Trigger, ausgelöst durch Worte

Ich bin an einer Retraumatisierung vorbei geschrammt. Ich hatte Glück. All mein Wissen, all meine Skills sind an dieser Stelle nicht wirklich zu händeln. Wenn  Trigger ausgelöst werden, durch eine Situation, Verhalten oder Worte, wird es für mich sehr kompliziert, weil meine Erinnerungen an die Oberfläche gelangen und meine alten Glaubenssätze ihre Bestätigung finden.

Glaubenssätze, die ich schon lange bearbeite, weil sie nicht mehr notwendig sind oder schlicht einfach falsch sind!

 

Ich beginne automatisch an allen Fronten zu kämpfen, mich selbst völlig klein zu machen, mich selbst völlig zu überfordern und ich überschreite Grenzen. Das ist nicht gut für mich!

 

Ein Trigger ist nicht komisch! Ein Trigger ist eine harte negative Gefühls-Attacke! Da sie mir in der schlimmsten Zeit begegnet sind, habe ich mich entschlossen, über MEINE  Trigger zu schreiben, um so vielleicht kleine Veränderungen zu erwirken, diese selbst zu verarbeiten und anderen zu zeigen, dass sie nicht allein sind.

Was sind Trigger? - Begriffserklärung

Mit Trigger (englisch: Auslöser) sind Sinneseindrücke gemeint, die in einem Menschen unangenehme Gefühle, Gedanken oder Verhaltensweisen hervorrufen.

Trigger sind sogenannte Hinweisreize.

Sie können bewirken, dass Menschen mit nicht verarbeiteten Traumata mit den Gefühlen überflutet werden, die damals in der traumatischen Situation abgespeichert worden sind. 

 

Ein nicht verarbeitetes Trauma wird im Gehirn anders abgespeichert als ein nicht traumatisch erlebtes Ereignis. Deshalb hat das Gehirn meist keinen Zugriff auf die Gefühle, die die Person in der Situation erlebt hat.

Durch einen solchen Trigger wird diese Sperre plötzlich aufgebrochen.

Als Trigger können Bilder, das geschriebene Wort, Gerüche, Geräusche wirken – alles, was die Kernelemente traumatischer Erfahrungen berühren kann.

 

Der Begriff wird zurzeit inflationär verwendet und vor allen Dingen nicht mehr in dem Sinne, wie Opfer vor Triggern geschützt werden können. Dadurch verharmlost man die Folgen, unter denen Traumatisierte leiden.

 

Yannick von Eisenhart Rothe

Quelle: https://www.bento.de/gefuehle/trigger-warnungen-psychologe-erklaert


Meine Trigger, ausgelöst durch Worte

Trigger können durch Worte ausgelöst werden.  Jeder  traumatisierte Mensch, hat SEINE Trigger, so wie jeder Betroffene die Depression anders erlebt, sind auch die Trigger unterschiedlich. Es gibt Trigger, die triggern sehr häufig und werden oft, ohne darüber nach zu denken, ausgesprochen:

  • "Es gibt Schlimmeres als ihr es erwischt habt...",
  • "Die Operation wird jeden Tag durchgeführt...",
  • "Jetzt ist dein Mann schwer krank...",
  • "Jetzt ist dein Mann mal dran...",
  • "Was er jetzt braucht, ist Ruhe und positives Denken...".

Solche Sätze sind wie Hammerschläge, die meine Selbstverletzung und Selbstzerstörung fördern, nicht bestärken oder Mut machen. Glauben Menschen mit solchen Aussagen wirklich, einem depressiven Menschen damit zu helfen? Mir ist sehr klar, dass solche Sätze nicht böse gemeint sind, insbesondere dann, wenn sie von Menschen aus meinem nahen Umfeld kommen. Aber deshalb haben sie auch eine ungebremste Wirkung. Ich erwarte, von genau diesen Menschen, solche Sätze nicht.

 

Was sollen solche Sätze bewirken? Ich empfinde sie als gedankenlos daher gesprochen. Sie werden so oft benutzt, dass viele Menschen gar nicht mehr darüber nachdenken, was sie auslösen könnten. Nicht nur bei traumatisierten Menschen.

Meine Sichtweisen zu den Trigger-Sätzen

  • Es gibt nichts Schlimmeres als eine Prostatakrebs-Diagnose, die akuten Handlungsbedarf anzeigt.
  • Wir haben es nicht gut erwischt.
  • Die Operation ist kein Spaziergang und es können gefährliche Organ-Reaktionen passieren z.B. Nachblutungen, Nierenversagen, Schlaganfall oder Herzinfarkt...
  • Auch wenn die Operation täglich erfolgt. Auch wenn sie viele Menschen gut überstanden hat, macht es für mich keinen Unterschied. Es bleibt ein schwerer Eingriff.
  • Jetzt ist mein Mann schwer krank, heißt für mich: Ich bin nicht krank oder ich habe eine lapidare Krankheit. Sie macht mich klein und suggeriert mir, dass ich übertreibe und mich anstelle.
  • Jetzt ist dein Mann mal dran, heißt für mich: Es kann ja nicht immer um dich gehen. Es geht doch bisher immer nur um dich. Heißt auch: Ich bin ein Klotz am Bein meines Mannes, er hätte Besseres verdient.
  • Ruhe und positives Denken. Als wenn ich das nicht selber wüsste! Woher aber soll ich positives Denken und dazu auch nur Ruhe hernehmen, wenn mein ganzer Körper Amok läuft? 
  • Wie soll ich positiv denken, wenn es um den einzigen Menschen geht, den ich habe und eine schwere Operation bevorsteht? So leichtfertig kann ich nicht denken. Ich kann es nicht. Dafür fehlt mir der Knopf im Gehirn, der meine Gedankenwelt ausknipst und auf positiv umstellt.

Welches Denken die Trigger-Worte auslösen

Ich bin noch immer mein ärgster Feind und mein Selbstverletzung war auf 100% und ich bin nicht in der Lage diese zu kontrollieren, in einer Ausnahmesituation wie die, der Prostatakrebs-Operation. 

  • Du bist so blöd.
  • Dein Mann ist schwer krank und du jammerst hier rum.
  • Kannst du nicht einmal was richtig machen?
  • Allen Ernstes lässt du deinen Mann allein zum MRT,  nach Berlin, fahren?
  • Du hängst hier antriebslos rum. Gehst nicht mal mit deinem Mann spazieren.
  • Er wird bald operiert und du bist jetzt schon Kopflos.
  • Nicht mal täglich ins Krankenhaus gehst du, unfassbar. Wie kannst du nur.
  • Dein Mann ist operiert, nicht tot, hör auf zu jammern.
  • Du musst!!! ins Krankenhaus.
  • Du hast jetzt keine Zeit für deine Depression, du musst funktionieren.
  • Grrr, stell dich doch nicht so an. Was ist so schlimm daran, dass...
  • Oh mein Gott, es ist doch NUR eine Narbe, eine Spritze, der Pflegedienst - du kannst dich aber echt anstellen. 
  • ...
  • ...
  • ...

Diese Auflistung könnte ich sicher noch erweitern, da ich gerade nicht jede Selbstverletzung auf meinem Schirm habe. Ich brauche nicht andere Menschen, um mir das Gefühl zu geben,

ich wäre:

  • nicht gut genug,
  • ein Versager,
  • überempfindlich,
  • ...

ich würde:

  • maßlos übertreiben,
  • unbegründete Angst haben,
  • ein Klotz am Bein sein,
  • meinen Mann eine Entlastung sein, wenn ich nicht mehr da bin.
  • ...

MEIN Fazit

Ich denke Trigger lassen sich nie wirklich vermeiden. Sie sind zu vielfältig und unterschiedlich. Mich triggern diese Aussagen, andere Menschen lassen sie unberührt. Wenn wir achtsamer miteinander kommunizieren sind sie leicht zu vermeiden. Ratschläge austeilen ist einfach. Doch nicht immer ist der Ratschlag auch Hilfreich, wie schon das Wort selbst verrät. RatSCHLAG - Ja, so manches Wort ist ein SCHLAG ins Gesicht und verursacht dementsprechend genau das Gegenteil von dem was ich gerade möchte. 

 

Andere Menschen können nicht einfach Erlebnisse bagatellisieren, die für mich furchtbare Erlebnisse sind!

Wer legt fest, was schlimmer ist?

Wer legt fest ob ich Angst haben darf und wie viel?

Wer kann beurteilen, ob eine Operation nicht schlimm ist, nur weil sie täglich erfolgt?

Niemand kann fühlen was ich fühle.

Niemand kann denken was ich gerade denke.

Niemand kennt meine Angst, so wie ich. 

 

Manchmal frage ich mich, ob wir ganzen Generationen, wie z. B. der meinen, Sensibilität ab-erzogen haben? Ich kann mich noch gut an Sätze wie: "sei nicht so sensibel", "Sensibelchen heute?" erinnern. Sensibel zu sein, war keine positive Eigenschaft, dabei ist sie so unglaublich wundervoll.

Dürfen nur Kinder sensibel sein?

Darf ich als Erwachsener nicht sensibel sein?

Es sind so viele Fragen, die mich hier treffen.

 

Nein, Bagatellisieren und fehlende Sensibilität bringen Menschen in Not, nicht weiter. Ich war in Not. In großer Not.

  

Es gibt inzwischen vielfältige Informationen auf Fachseiten, die inzwischen jeder interessierte Mensch und insbesondere Angehörige lesen können, um so Bewusstsein zu bekommen für diese Krankheit und bestimmte Trigger-Sätze so vermeiden können. Dafür wäre ich sehr dankbar.

 

Zu MEINEN Triggern durch Fotos oder durch Verhaltensweisen schreibe ich jeweils einen gesonderten Blog.  Zum Thema: Welche Trigger erleben Menschen mit Depression oft und wiederkehrend? gibt es ebenfalls einen gesonderten Blog. Diese werde ich, nach Fertigstellung unter diesem Blog verlinken.