Leben so gut ich kann. Wenn die Erinnerung mir die Worte bringt. Suizid. Es gibt immer ein Licht, dass auf mich scheint.

-nachverstorben-

Da war dieser Brief, vom Nachlassgericht.

In ihm stand - nachverstorben -.

Ich konnte es nicht verstehen.

 

Du warst der kluge Bruder, dem alles gelang.

Du warst der Bruder, der geliebt und anerkannt war.

Vaters Augen leuchteten, wenn er von dir sprach.

In Mutters Stimme schwang der Stolz.

Du warst das perfekte Kind, deiner Eltern.

Du hattest eine intakte Familie, Frau und Kind. 

Du hast ein Haus gebaut, ja einen Baum gepflanzt.

Dein ganzer Stolz.

 

Im Polizeidienst anerkannt von den Kollegen.

Vorbildlich im Dienst, bist auch mal angeeckt.

Deine Meinung hast du vertreten, du kanntest keine Angst.

Familie, Beruf, Karriere - deine Welt schien wundervoll.

 

Lange Zeit.

 

Psychische Probleme, nein die gab es nicht. Nicht für dich!

Therapeuten heilten nicht, sie machten die Menschen dumm und wirr.

Du wusstest was in deinen schlauen Büchern stand.

Kein Wort von Depression, sich darin befand.

Psychisch krank bedeutete zum Leben zu schwach.

Kein Wille vorhanden, um zu bestehen.

Hämisch fragtest du mich "wurdest du auch missbraucht?"

Deine Welt, auch deine Kinderwelt, hatte weder Risse noch Löcher.

Es kam nicht in Frage, dass ich meine als anders empfand.

 

So schien es, lange Zeit.

 

Doch auch deine herrliche Welt zerbrach.

Frau und Kind gingen ihre Wege ohne dich. Sie liebten dich nicht mehr.

Da war dein Haus, blank heraus geputzt, doch Liebe wohnte nicht mehr darin.

Parkinson, der Dämon in dir, lies keine Zweifel mehr an seinen Kräften.

Die Depression fraß deine Seele, nagte an deiner Lebenslust. 

Psychologische Hilfe kam nicht in Frage, nicht für dich.

Hilfe annehmen brachte dir den Parkinson-Schock.

Depression und Parkinson nahmen dir das Licht. Jedes Licht.

 

So kam es, wie es kommen musste.

 

Ein Schuss hallte über den See. Deine Dienstwaffe hatte ihren letzten Dienst getan.

-Suizid-

-nachverstorben-

Ich konnte es nicht verstehen.

 

Heute kann ich dich verstehen, tief in meiner Seele.

Ich habe dir, im Herzen, verziehen.

Heute sende ich mein Licht zu dir.

Ich kann dir sagen, du verpasst dein Leben.

Ja, glaub es mir.

Auch für dich schien ein Licht, doch du warst blind, in deiner Angst.

In deiner Angst, zu versagen, schwach zu sein und auf Hilfe angewiesen zu sein.

Doch das Leben bietet so viel mehr.

Krankheiten kann man heute gut behandeln.

Hilfe annehmen ist Stärke und nicht Schwäche. 

Sie bietet ungeahnte Möglichkeiten und setzt Kräfte wieder frei.

Ich hätte es dir von Herzen gewünscht.

 

Du fehlst. 

Mein Bruder, du fehlst mir, gerade jetzt im Oktober des Jahres.