Psychotherapie ist kein Zirkus. Im Zwiegespräch mit Gedanken & Erkenntnissen.

Psychotherapie ist kein Zirkus. Im Zwiegespräch mit Gedanken & Erkenntnissen.

 

Meine Therapiestunden waren immer Lehr- und Lernstunde, Auseinandersetzung mit mir selbst, der tiefe Blick auf mich selbst, Stunden der Wahrheiten und Stunden der Erkenntnisse. So manches mal kämpfte ich noch hinter her lange, mit einem Thema. Doch am Ende blieb mir immer der Schritt nach vorn. Einer und noch einer und noch einer. Therapie ist Kraft-raubend & Seelenbalsam. Therapie ist kein Zirkus. Therapie braucht dein ganzes ICH! Es lohnt sich!

 

 

Heute lebe ich ohne Therapie. Meine ambulante Traumatherapeutin und die Traumaklinik, in der ich zu 2 Intervall-Aufenthalten war, gaben mir den Auftrag zu leben. Zu leben ohne Therapie, in meiner Verantwortung, mit meinem Wissen und meinen Erkenntnissen.

 

8 Monate sind seither vergangen und ich lebe. So gut ich kann.

In meiner Verantwortung für mich selbst, habe ich mir einen Termin bei einer neuen Therapeutin, zum Thema "Inneres Kind" & "Innerer Kritiker" gemacht, weil ich in dieser Thematik Hilfe brauche. Hilfe um mit meinen traumatischen Erfahrungen besser leben zu können. 

„Sie haben die Verantwortung dafür, wie es ihnen geht.“ Sie ziehen sich zurück und geben die Verantwortung ab“.

Harte Worte und sie riefen sofortigen Widerstand hervor. Wie kann das sein? Nein, ich hatte nicht immer Einfluss darauf, wie es mir geht. Oftmals werde ich zurück gezogen. Dann bin ich Antriebslos und der Kopf ist leer. Ich fühle mich absolut neben der Spur und habe Angst meinen Halt zu verlieren. Dann bin ich in meinen alten Glaubenssätzen gefangen.

Heute, im hier und jetzt, bin ich nicht mehr Handlungsunfähig (Opfer). Ich kann für mich sorgen!

Ich versuche immer wieder für mich zu sorgen und gelernte Dinge anzuwenden, zu üben. Ich versuche meine Grenzen zu erkennen, zu akzeptieren und einzuhalten bzw. dafür zu sorgen, dass sie eingehalten werden. Ich versuche es! Langsam und beständig verändert sich mein Leben. Ich finde den Weg zu mir selbst, kann mich immer besser annehmen. Ich möchte sein wie ich bin, ohne meine Angst zu versagen oder das Falsche zu sagen. Ganz langsam lerne ich mir selbst zu vertrauen. Darauf zu vertrauen, dass meine Gedanken und Gefühle gut sind und zu akzeptieren, dass sie nicht jedem gefallen. Das heißt, ich finde langsam in meine Verantwortung zurück. 

„Sie können Dinge nicht ertragen, verändern sie aber nicht und torpedieren damit ihre Stabilität. Sie sind krank! Übernehmen sie Verantwortung für sich selbst! Sie dürfen auch Pause machen. Gehen sie langsam.

Wieder kam das Wort „Verantwortung“ und wieder sollte ich langsam gehen. Ich war also immer noch nicht in der Selbstverantwortung und ignorierte mich immer noch selbst. Das wirkliche Leben, mit allen Geräuschen, Nachrichten und Entscheidungen, ist zu schwer für mich. Ich bin schon so lange unterwegs, zurück in das Leben. Nur langsam wurde mir bewusst, dass ich gut leben konnte, wenn ich die Dinge reduzierte die ich nicht aushalten konnte, die mich triggerten oder einfach nur überforderten. Je mehr ich Entscheidungen treffe, die mir gut tun, je mehr Verantwortung übernehme ich für mich selbst. Heute lese oder höre ich nur wenig Nachrichten. Ich gehe unter Menschen, wie es mir gut tut und nicht, weil ich es muss. Ich entscheide den Rahmen und die Zeitspanne. Heute kann ich annehmen, dass ich krank bin, EU-Rentnerin bin, nicht mehr Leistungsfähig bin! Aber ich kann gut leben. So gut ich eben kann. Der schwierigste Teil meines Lebens ist noch immer, als leistungsorientierter Mensch erzogen und 50 Jahre gelebt zu haben und nun „kleine Brötchen“ zu backen. Ja, kleine Brötchen schmecken auch! Es ist eine hohe Leistung und braucht unendlich viel Kraft, in dieser Krankheit zu bestehen, nicht aufzugeben, an sich selbst zu arbeiten und dabei die eigenen Erwartungen und Forderungen so zu minimieren, dass sie meine Stabilität nicht gefährden, mich voran bringen. 

Sie sind der Täter. Sie ignorieren sich selbst oder ist da jemand der sie ignoriert? Müssen sie krank sein, damit man sie nicht ignoriert?

Das konnte wohl gerade nicht wahr sein? Hatte ich richtig gehört?

Ja, ich hatte richtig gehört. Ja, ich war Täter und Opfer! Ich wollte weder Täter noch Opfer sein! Dazu brauchte es meine Erkenntnisse und vor allem meine Veränderungen. Es brauchte viel Zeit zu verstehen, dass ich es selbst war, die mich immer und immer ignorierte. Ich bin es, die Entscheidungen noch immer so trifft, dass es möglichst allen gefällt. Ich will nicht aus der Rolle fallen. Ich will leben und meine guten Zeiten genießen. Dabei vergesse ich, in der Regel, wo meine Grenzen sind und überfordere mich selbst. Das wiederum bezahle ich mit Tagen, in denen ich im tiefen grau der Depression versinke.

Niemand zwingt mich. Niemand hatte verlangt, dass ich die Entscheidung so treffe. Ich spreche nicht aus, wenn ich mich ignoriert oder übergangen fühlte. Ich war selbst verantwortlich. Ich war der Täter. Wer sollte denn wissen, was ich wirklich wollte oder was in meinen Gedanken vor ging, wenn ich es nicht aussprach? In meinen Kopf kann niemand hinein sehen. Heute sieht es oft anders aus. Ich versuche bewusst darauf zu achten. Meine Entscheidungen selbst zu hinterfragen. Es gelingt mir nicht immer. Aber immer öfter.

Sie brauchen ihre Beine nicht, sie müssen nicht mehr funktionieren. Ihre Beine wackeln, als Zeichen nach Außen - ich bin krank - und um Zuwendung und Liebe einzufordern. Ich sehe (Fingerzeig auf meine Beine) keine Fortschritte in der Therapie.

An dieser Stelle kann ich heute ein klares -Nein- erwidern. Ich habe erleben dürfen, dass meine Beine ruhig waren, seelenruhig. In meiner Traumakonfrontation nahmen meine Tränen die Anspannung mit. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich zum letzten mal, so völlig frei von Anspannung war. Es war ein wundervoll leichtes Gefühl, dass der Trauer nun endlich Raum gab. Heute weiß ich, dass meine wackelnden Beine ein klares Zeichen von innerer Anspannung/Überspannung/Angst sind. Sie wackeln noch, doch nicht mehr beständig. Sie sind mein Ventil, welches ich brauche, um hier zu sein - eine Situation zu bestehen, wenn meine innere Anspannung steigt. Je besser ich bei mir selbst sein kann, je mehr ich ausspreche was ich denke, um so mehr zieht Ruhe in die Beine ein. 

Sie ignorieren ihr eigenes ICH und wollen es nicht annehmen. Ihnen fehlt die Akzeptanz, das Leben zu genießen, innerhalb ihrer Grenzen und Beeinträchtigungen!

Auch wenn es mir weh tat. Es stimmte und es stimmt noch immer. Natürlich habe ich inzwischen viele Dinge verändert. Ich habe Dinge verbannt, die mir nicht gut tun. Ich versuche meine Gedanken zu reflektieren, zu erkennen was ich möchte und meine Gedanken zeitnah auszusprechen. Nicht immer fällt es mir leicht, dabei meine Grenzen zu erkennen und diese zu akzeptieren. Doch es gelingt mir immer besser. Ich bin leistungsfähiger und emotionaler geworden. Ich habe meine Gefühle eine Stück zurück und erlebe gute und andere Tage. Ich lebe bewusster die schönen Momente, Stunden oder Tage, um an schlechten Tagen besser zu bestehen.

Ich hatte das „Leben – genießen“ verlernt und finde es nun ganz langsam wieder. Schritt für Schritt. Ich lebe, einfach so. Wie es gerade kommt und versuche mich nicht selbst zu verurteilen an Tagen im grau der Depression. Mich überfallen alte Glaubenssätze, mich triggern Lebenssituationen und Suizidgedanken versuchen ihr „Glück“. In Ausnahmesituationen oder Problemsituationen sind alte Verhaltensmuster oft viel schneller und präsenter, als ich denken kann.

 

Mich haut es manchmal aus den Latschen. Doch ich ziehe sie wieder an! Ich will leben. Leben, so gut ich kann. Ich möchte das Leben wieder genießen. Eben so wie es ist, in meinen Grenzen und Beeinträchtigungen!