Leben so gut ich kann. Das Pandemiekarussell dreht sich.

Leben so gut ich kann, im Pandemie-Karussell

Leben so gut ich kann. 

Gestern hatte ich nach dem Lockdown endlich einen Termin bei meinem Psychiater. Endlich der letzte Termin bei einem Arzt in den letzten zwei Monaten. Sie haben mich gefordert und ich bin müde von den Arztbesuchen und froh nun bald Urlaub zu haben. Raus aus den "Verpflichtungen", raus aus dem Pandemie-Wahnsinn. 

 

Mein Mann brachte mich hin, damit ich wenigstens die eine Stunde Bahnfahrt auf dem Hinweg sparen konnte. Das Wartezimmer "Pandemie-voll". Trotzdem musste ich eine dreiviertel Stunde warten, mit Maske. An ihr herunter tropfte schon in Strömen der Schweiß, als ich endlich dran kam.

Mich wunderte überhaupt nicht, dass er sagte: "Sie sind nicht allein, mit all ihren Befindlichkeiten, ich höre es jeden Tag, bei fast allen Patienten". Kein Wunder, im Lockdown waren alle Termine abgesagt und durften keine Termine gemacht werden. Jeder Patient war auf sich selbst gestellt. Auch jetzt müssten die Hilfsangebote für psychisch Kranke eng gestrickt sein, aber das ist unmöglich. Er bestätigte meine Annahme, dass all meine körperlichen Symptome, die die vielen Arztbesuche nach sich zogen, eine psychische Ursache haben könnten. Aus dem was ich erzählte, schloss er eine Angst-Panik-Störung. Eben so wie meine Panikattacken nur eben über einen längeren Zeitraum. Ein Glück, ist diese aber wieder abgeklungen. Meine eigene Totalisolierung ist auch nicht untypisch, denn viele seiner Patienten hätten in dieser Zeit so reagiert. Viele würden durch die Maßnahmen und die politischen Rangeleien, die beständige Berichterstattung getriggert. Ich war dankbar einfach nur zu hören, dass ich ein ganz normaler psychisch kranker Mensch bin, der auf die äußeren Umstände reagiert und durch sie auch getriggert wird. 

 

Nach fast 2 Stunden machte ich mich auf den Heimweg. Eine Stunde Bahn/Bus durch die Stadt. Eine Stunde unter der Maske saß ich brav in der Bahn. Die Leute um mich rum, ohne Maske, mit Maske, mit Maske unter der Nase ... . Es war mir egal. Nach dem 2. umsteigen, nahm meine Widerstandsfähigkeit merklich ab. Die Bahn voll, Kindergewusel, laute Unterhaltung von Jugendlichen, irgendwer knallte mehrfach und eine Frau, die jeden anherrschte doch die Maske aufzusetzen. Ich saß da und wollte nur noch schnell nach Hause. Ich hatte große Mühe bei mir zu bleiben, die Augen aufzuhalten und nicht los zu schreien. Der Schweiß rann in Strömen und die Maske wurde zur Folter.

Aus der Bahn ausgestiegen, riss ich sie mir vom Gesicht und holte tief Luft. Doch es war als würde die Maske an mir kleben, jemand mir Mund und Nase zu halten. Mühsam, so konzentriert wie möglich lief ich die 500 m nach Hause.

Dort angekommen, war nichts mehr möglich. Trinken und schlafen.

Ich schlief sofort und natürlich kämpfte ich wieder mit meinen Horrorträumen. Irgendwann kam mein Mann und fragte, ob ich etwas essen wollte. Mein Gehirn verweigerte seinen Dienst, ich konnte nicht wach werden, ich war an mein Bett, an meinen Schlaf gefesselt. Nichts ging. Mein Mann musste heute seinen Geburtstag allein feiern. Ich war unfähig, völlig unfähig zu irgendeiner Aktion. 

Nun ist ein neuer Tag. Es geht mir etwas besser, doch noch immer bin ich unsagbar müde. Das Leben ist zu schwer für mich.

Aufgeben ist keine Option. Morgen kommt wieder ein neuer Tag. Morgen.