19.02.2017 -Meine Gedanken, meine Gefühle und die Depression. Wir fühlen was wir denken.

Meine Gedanken, meine Gefühle, "meine" Depression

"Es sind nicht die Dinge selbst, die uns beunruhigen, sondern die Vorstellungen und Meinungen von den Dingen." Epiktet (Philosoph) 

 

„Vereinfacht gesagt bedeutet das: wir fühlen, was wir denken!

Unsere Gedanken sind es, die eine Körperreaktion in uns hervorrufen. Wir denken an etwas und unser Gehirn ruft das entsprechende Körperprogramm dazu auf. Dein Körper folgt deinen Gedanken.“ (Anke Vogler)

So weit der Theorie. Noch vor 6 Jahren, hätte ich diesen Thesen voll zugestimmt.

Ich war ein Mensch der seine Gefühle nie verstecken konnte. Was ist dachte, sahen mir andere an der Nasenspitze an, wie meine Oma immer gesagt hat. Ja, es war so. Kam ich in Gewissensnöte, war ich anderer Meinung, Ablehnung, Freude, Dankbarkeit, Zustimmung, Überraschung, Lüge und Wahrheit, all das zeigte ich. Ich war damit angreifbar und sehr verletzbar.

 

Die Depression nahm mir meine Gefühle. Sie hat sie einfach irgendwo in mir versteckt und ich habe sie noch nicht gefunden. Ganz selten kommen sie ganz leise ein wenig hervor.

 

Die Depression hat mir meine Gedanken nicht genommen. Jetzt habe ich so viele Gedanken, Erinnerungen im Kopf, dass ich manchmal glaube verrückt zu werden. Seit einigen Jahren, schreibe ich meine Gedanken auf, ja und ich schreibe auch über meine Gefühle, die nicht da sind. Meine Erinnerungen wissen noch, wie es war als ich fühlte. Meine Gedanken denken, wie ich fühlen sollte oder möchte.

 

Ich schreibe ich freu mich, aber in meiner Gefühlswelt bleibt es ruhig. Meine Stimme verrät, ich bin frustriert oder ärgere mich, aber in mir ist es ganz still. Ich sehe den blauen Himmel und die Sonne, höre das erste Frühlingszwitschern der Vögel und denke, och ist das schön, aber in mir ist es still. Ich nehme gern meine Enkel oder Freundin in den Arm, aber in mir bleibt es still. Ich erlebe den Verlust meiner Mutter, meine Gedanken fahren Achterbahn, aber in mir ist es still.

 

Alles was ich erlebe und erfahre ist mit Gefühl verbunden, das ganz still in mir schlummert, irgendwo. „Nur“ wenn ich an meinen Mann denke, ihn ansehe, mit ihm zusammen bin, ist es in mir warm. Es eine schöne und liebvolle Wärme. Ich denke, dass es meine Liebe ist.

 

Ich hätte gern meine Gefühle zurück, denn diese gähnende Leere, empfinde ich als schlimm. Meine Welt ist dadurch ohne Farbe und so „egal“. Ich möchte so gern fröhlich sein. Fühlen, dass ich meine Familie liebe, Umarmungen selbst fühlen. Ich möchte fühlen, dass ich liebvoll und wertvoll bin, wie mein Mann mir sagt. Natürlich ist es auch gut, keine Gefühle zu haben. Ich kann mich nicht wirklich ärgern, wütend sein. Ich bin in einer völlig neutralen Stimmung, obwohl ich mich in Gedanken ärgere oder wütend bin.

 

Meine Depression hat die Gefühle versteckt, als Schutz vor mir selbst. Gefühle, die mich manchmal fast in den Wahnsinn trieben, mich vielleicht aus dem Leben gedrängt hätten. Jetzt fühlen meine Gedanken, sie drängen mich aber nicht aus dem Leben, weil da immer der Gedanke an das Leben ist, an mein Leben mit Michael. Ja, ich denke auch mal, wie es wäre, wenn ich am Morgen nicht mehr aufwachen würde, es wäre zu Ende. Aber ich finde immer und immer Gründe zum Leben.

 

Was geblieben ist, ist die Angst. Angst etwas falsch zu machen, Angst nicht gut genug zu sein, Angst Fehler zu machen, Angst Michael zu verlieren, Angst es würde irgendwas geschehen, was unser Leben über den Haufen wirft, Angst vor so vielem was im Unterbewußtsein, aus den Traumata, aus der Vergangenheit, herkommt. Immer wieder stoße ich, in meinen Therapiestunden, beim sortieren von Gedankenmustern, Gedankengängen, auf die Angst. Vielleicht ist es auch die Angst, die meine Gefühle verdeckt, um nicht wieder verletzt zu werden, wieder zu verlieren.

 

Die Depression hat alle Ängste hervor geholt, damit ich sie endlich wahrnehme und die vielen Verletzungen aufarbeite und loslasse.

 

Gedanken lenken die Gefühle, bei mir denken die Gedanken meine Gefühle. Aber woran richten sie sich aus, wenn das nicht meine Gefühle sind? Lenken meine Gefühle vielleicht ganz still, im Hintergrund, meine Gedanken. Ist es vielleicht meine Wahrnehmung, die so eingeschränkt ist, dass ich nicht fühle? Muss ich vielleicht aufhören, auf meine Gefühle zu warten? Aufhören, in mich zu horchen, ob da nicht doch Gefühle sind? Aufhören, zu denken, ich würde es gern fühlen? Ich weiß es nicht. Ich weiß es noch nicht.