25.04.2018-Mein Traum - Wo kommt dieses Kind her? - Film mit Bild und Ton

Wo kommt dieses Kind her?

Mein Traum - Ein Traum der noch da ist, als ich schon wach bin.

Ich bin im Urlaub, am Tag der Abreise. Ich bin in einem riesigen Raum, der zweigeteilt ist. Es ist ein Esszimmer, mit großem Tisch an dem mehrere Personen sitzen und frühstücken. Ich bin sehr unruhig und möchte los, nach Hause. Alle stehen auf und beginnen die letzten Vorbereitungen zu erledigen und wuseln irgendwo rum. Ich koche Kaffee. Dann will ich meinen Laptop aus dem anderen Teil des Raumes holen. In der Ecke steht ein großes Sofa.

  

Auf diesem Sofa sitzt ein Kind. Ein kleiner blond gelockter Junge. Oh mein Gott, wo kommt dieses Kind her? Wo ist es her gekommen? Wie ist es herein gekommen? Ich stehe hilflos im Raum und starre das Kind an. Was will es hier? Warum ist es hier?  Es hält mich auf. Ich will nach Hause und das Kind hält mich auf. Ich kann es dort nicht einfach sitzen lassen. Wo ist seine Mutter? Ein großes geöffnetes Fenstern schafft mir die Gewissheit. Nur dort kann es hinein gekommen sein. Was will es nur hier? Was soll ich jetzt tun? Ich will nach Hause. 

 

Das Kind sitzt verstört und ängstlich da. Es gibt mir auf keine meiner Fragen eine Antwort. Es sitzt nur da und schaut mich ängstlich an. Ich fühle mich hilflos und ausgeliefert. Ich will nach Hause. Ich kann aber dieses ängstliche Kind nicht da sitzen lassen. Seine Augen suchen Hilfe und sehen mich stumm und fragend an.

Aus dem Nebenraum ertönt der Ruf, Heike wir sind startklar, wir können los. Ich bin abgelenkt.

 

Das Kind steht auf und wirft sich auf den Boden. Es haut seinen Kopf auf den Steinfußboden. Dann schaut es zu mir auf. Sie Augen sind voll Panik und eine große blutende Kopfwunde an der Stirn, lässt das Blut in Strömen, über sein Gesicht laufen. Hilfe! Hilfe! Was soll ich jetzt tun? Wenn die Helfer kommen oder seine Mutter, wird das Geschrei groß sein. Warum hat es das getan? Hilfe. Ich stehe da und starre auf das Kind. Ich kann ihm nicht näher treten. Ich kann es nicht in den Arm nehmen und trösten. Es schaut mich so unheimlich verletzt an und macht mich hilflos.

 

Ich drehe mich um und rufe zu den anderen Personen: Wir können nicht los. Das Kind hat sich verletzt. Ich brauche Hilfe. Ich muss erst schauen wo das Kind hingehört. Ich muss ihm doch helfen. Es ist so traurig und schaut nur stumm vor sich hin.Was mache ich nur? Ich will nach Hause? Warum ist das Kind hier? Warum ist es so unheimlich traurig. Es hat schlimme traurige Augen. Ich drehe mich um, zu den den anderen. Helft mir doch bitte. Bitte schaut doch mal draußen, ob da irgendjemand ist, zu dem dieses Kind gehören könnte, der es sucht. Ich drehe mich wieder um.

 

Entsetzen. Das Kind ist weg. Es ist nicht mehr da. Wo ist es hin? Warum ist es weggelaufen? Ich wollte doch helfen. Ich gehe ängstlich zum Fenster und schaue die Straße hinunter. In der Kurve steht ein Notdienstwagen und zwei Sanitäter begleiten das Kind in das Auto. Es hat Hilfe gefunden. Hoffentlich wird es nicht erzählen, was ich getan habe, das ich nicht geholfen habe. Dann werde ich dran sein. Angst und Hilflosigkeit durchzieht meinen Körper.

 

Eine Autotür wird laut geschlossen.  

 

In der Realität ankommen braucht alle Kraft

Ich wache auf, bin im Jetzt. Der Traum liegt auf mir, wie eine schwere Stahlplatte. Er läuft immer wieder in Bild und Ton ab. Ich starre noch immer auf den Notarztwagen. Ich quäle mich aus dem Bett. Koche Kaffee, trinke Kaffee und rauche auf dem Balkon. Ich kann nichts hören. Der Traum ist noch da. Der Notarztwagen ist noch da. Ich weiß, das innere Kind hat um Hilfe gerufen. Doch ich bin noch immer im Traum. Ich sitze noch immer auf meinem Balkon. Mich beherrscht die Sicht auf den Notarztwagen. Ich gebe auf.

 

Laptop an und den Traum mit geschrieben. Er ist immer noch da, in Bild und Ton. Ich bin so unendlich müde, meine Augen fallen immer wieder zu, doch ich schreibe mit, was in meinem Gehirn passiert. Ein Glück habe ich mal Blindschreiben gelernt und kann es sehr gut und flüssig. Ich bin so müde, so müde vom … Nein, nicht vom Leben lieber Kopf. So nicht.

Ich bin so müde. Ich raffe mich auf und hole Kaffee. Balkon-Kaffee-Zigarette. Ich bin so unendlich müde. Kreislaufprobleme, schwere Beine und der Kopf im Irgendwo. Langsam wird es klarer. Noch immer bin ich unendlich müde.

 

Traum-Details

Der Raum: Er ist in Taarstedt, das Wohnzimmer von Karin, einer Freundin. Auch die Personen, im Traum, haben dort ihren Ursprung, auch wenn dich die Personen nur Schemenhaft wahrgenommen habe.

 

Die Straße: Es ist mein Blick aus dem Auto, die Straße nach Rathen hinunter, zu letzten Kurve bevor man dort den ersten Parkplatz erreicht.

 

Das Kind: Ist mein kleiner Marcel aus der KIGA-Gruppe, die ich als Erzieherin vor vielen Jahre hatte. Als er mit 2 Jahren zu mir kam, war er, für mehrere Wochen, ein stilles ängstliches Kind, mit großen ängstlichen Augen. Doch die Augen, sind die meines Sohnes. Die meiste Zeit, saß Marcel immer stumm, irgendwo im Raum, völlig zurück gezogen. Er brauchte meine Zuwendung, ganz viel Liebe und Verständnis, brauchte Streicheln und gemeinsames Handeln, bis er irgendwann als lustiger und aufgeweckter Junge, mit den anderen Kinder spielte und keine Angst hatte etwas zu erzählen. In Konfliktsituationen schaute er immer mit ängstlichen Augen und forderte Hilfe und Zuwendung ein.

 

Der Notarztwagen: Es sind die Sanitäter, die damals kamen, als mein Sternenkind starb. Die, den Leichenwagen verständigten.

 

Traum-Gleichnisse oder meine Reise in die Vergangenheit

Der Traum, sucht sich wahre Orte. Orte, an denen ich mich wohl gefühlt habe und Straßen, die ich gern fahre. Ein Stück „Zuhause“. Glaube ich. Einerseits bringt es mir Sicherheit und andererseits fühle ich mich darin gefangen. Ich verknüpfe gerade Erinnerungen aus dem Jetzt mit der Vergangenheit. Der Vergangenheit, einer Ehe in der ich Zuhause gefangen war. In der ich schutzlos ausgeliefert war, Hilflosigkeit, Angst, Ausgeliefertsein meinen Alltag bestimmte.

 

Der kleine Marcel, aus dem Traum, ist mit Sicherheit mein Sohn, im selben Alter. Mit dem Unterschied, das sich hier meine Schuldgefühle an die Oberfläche drängeln. Warum? Weil ich genau das, das was Marcel erhalten und glücklich gemacht hat, meinem eigenem Sohn nicht geben konnte. Mein Sohn sagt heute, er hat sich viel zu früh losgelassen gefühlt, dass er Hilfe wollte und keine bekam.

 

Der Notarztwagen ist mit meinem Haupttrauma verbunden. Ich sehe ihn, kann nichts tun und bin total verzweifelt. In diesem Moment bin ich allein, ganz allein der Situation ausgeliefert, genau so, wie es sich damals abgespielt hat. Natürlich waren es nicht die Sanitäter, die mein Kind mitnahmen, aber ich glaube, sie stehen stellvertretend im Traum, für diesen unmenschlichen Verlust.

 

Erkenntnisse wirbeln durch einander

  • Mit dem Schreiben, Eis-Skill im Nacken, beginnt mein Kopf sich zu lichten, wieder zu denken, wieder klare Sicht zu erhalten
  • Mein inneres Kind zeigt mir deutlich wie es sich (wie ich mich) fühle und gefühlt habe, mein ganzes Leben lang. Es zeigt mir auch deutlich meine Verhaltensweisen im Damals und Heute. Ich suche nach Hilfe und Verständnis durch andere Personen. Dabei habe ich die einzige Person, die mir wirklich helfen kann, die mich begleiten kann, die Erkenntnisse zur positiven Veränderung meiner Sichtweisen in mir erringen kann und damit Verhaltensweisen meinerseits verändern kann, überhaupt nicht im Blick.
  • Ich schreibe, meine Probleme mit, lege sie dadurch ab. Damit bleiben sie in meiner Sichtweise gefangen und werden nicht wirklich verarbeitet. Vielleicht war auch meine Selbstfürsorge in der vergangenen Woche (beständige Ablenkung, schöne kreative Dinge tun, Fotos zu bearbeiten bzw. anzuschauen...) nicht nur Selbstfürsorge, sondern auch Selbstschutz und Verdrängen des Themas? Hart und deutlich gefragt: Ignoriere ich mich wieder selbst?
  • Ich spreche heute das erste Mal mit PippiLotta, die mich beständig anlächelt. Ich sage ihr, dass ich lernen werde sie zu lieben, ich drücke sie und gebe ihr einen Kuss. Sofort schaltet sich mein Herr Kontrollettie ein: „Bist du jetzt ganz durchgeknallt? Hast du ne Meise? Du hast doch nicht mehr alle Latten am Zaun! Jetzt sprichst du schon mit einer Puppe, geht gar nicht! Doch da regt sich Widerspruch. Ja, ich rede mit PippiLotta. Sie ist in mir und sie braucht mich. Ich weiß genau, ich muss sie kennen lernen, beachten, wertschätzen , vertrauen und lieben. Ihr muss ihr zeigen, dass ich weiß warum sie so viel Angst hat. Ihr zeigen, dass diese Angst nicht mehr notwendig ist. Ihr verständlich machen, das wir nur gemeinsam glücklich werden können.
  • Hier wird deutlich, dass ich das Thema „Inneres Kind“ überhaupt nicht annehmen kann. Es ist für mich so unverständlich, es ist so unheimlich irrreal, obwohl ich mit meinem Wissen weiß, das es diese innere Kind wirklich gibt, in jedem Menschen. Alles in mir verweigert sich hier. Warum? Weil ich in meinem Leben immer stark sein musste, meistens auf mich selbst gestellt war, ich alle Probleme des Alltags und traumatischen Erlebnisse allein bewältigen musste. Niemand da war, der zuhörte, verstand, mitfühlend oder liebend war, mich unterstützte oder half.   
  • Ich kann nicht annehmen, dass ich auch schwach bin, Fehler mache, nicht selbst handlungsfähig bin und Hilfe annehmen darf. Ich kann nicht annehmen, das es völlig normal und menschlich ist, auch „schwach“ zu sein. Mir ist natürlich klar, das jeder Mensch Stärken und Schwächen hat, Schwächen Menschen auch liebenswert machen, Schwächen einen Mensch nicht verurteilen, abwerten und nicht liebenswert machen. Das dies immer von Wertungen von Menschen sind, auf die ich gern verzichte. Mir es aber selbst zuzugestehen, lasse ich noch nicht zu. Noch ist der Drang nach Perfektion stärker.

Jetzt erst verstehe ich die Worte meiner Therapeutin, in der gestrigen Therapiestunde. Jetzt wird mir klar, was sie meint. Ich muss diese Träume nicht allein bewältigen. Dafür ist sie da, dafür gehe ich zur Therapie.